HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 611
Bearbeiter: Ulf Buermeyer
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 230/10, Beschluss v. 19.04.2011, HRRS 2011 Nr. 611
Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. November 2009 werden I. die Schuldsprüche - auch soweit es die Mitangeklagten F., B. und Br. betrifft - wie folgt abgeändert und klarstellend neu gefasst:
1. Der Angeklagte W. ist schuldig der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit
- Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,
- Volksverhetzung in neun Fällen,
- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen in fünf Fällen,
- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zehn Fällen und
- Gewaltdarstellung in zwei Fällen sowie des Besitzes von zwei nach dem Waffengesetz verbotenen Gegenständen in Tateinheit mit Besitz einer Schusswaffe und Munition;
2. der Angeklagte P. der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit
- Beihilfe zur Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,
- Volksverhetzung in vier Fällen,
- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen,
- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in drei Fällen und
- Beihilfe zur Volksverhetzung, zum Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, zum Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und zur Gewaltdarstellung;
3. der Angeklagte M. der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit
- Volksverhetzung in zwei Fällen,
- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen,
- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen und
- Gewaltdarstellung;
4. der Angeklagte R. der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit
- Volksverhetzung,
- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen,
- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und
- Beihilfe zur Volksverhetzung, zum Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, zum Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und zur Gewaltdarstellung in zwei Fällen;
5. die Mitangeklagte F. der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit
- Beihilfe zur Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,
- Volksverhetzung in fünf Fällen,
- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen,
- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in sechs Fällen und
- Beihilfe zur Volksverhetzung, zum Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und zum Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen;
6. der Mitangeklagte B. der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit
- Beihilfe zur Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,
- Volksverhetzung in zwei Fällen,
- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und
- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen;
7. die Mitangeklagte Br. der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit
- Beihilfe zur Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,
- Volksverhetzung in 14 Fällen,
- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen in drei Fällen,
- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in sechs Fällen und
- Gewaltdarstellung;
II. das vorgenannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
1. soweit es den Angeklagten W. betrifft im Ausspruch über die Einziehung,
2. soweit es den Angeklagten R. betrifft im Ausspruch über die Einziehung der Webcam.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
IV. Die Angeklagten P. und M. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Das Landgericht hat die Angeklagten W., P., M. und R. sowie die nicht revidierenden Mitangeklagten F., B. und Br. jeweils wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Volksverhetzung in Tateinheit mit Gewaltdarstellung in Tateinheit mit Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 Waffengesetz genannten Gegenständen", den Angeklagten W. zudem tatmehrheitlich wegen des "vorsätzlichen Besitzes zweier verbotener Gegenstände [...] in Tateinheit mit vorsätzlichem Besitz einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe und Munition" schuldig gesprochen. Für den Angeklagten W. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, für den Angeklagten P. eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten, für den Angeklagten M. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten und für den Angeklagten R. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Die Vollstreckung der beiden letztgenannten Freiheitsstrafen hat es jeweils zur Bewährung ausgesetzt; zudem hat es eine Vielzahl von Gegenständen der Angeklagten W., P. und R. eingezogen.
Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten, die sowohl mehrere Verfahrensrügen erheben als auch mit Einzelbeanstandungen die Verletzung sachlichen Rechts geltend machen. Die Revisionen der Angeklagten führen zu den aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderungen der Schuldsprüche sowie zur teilweisen Aufhebung der Entscheidungen über die Einziehung; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen und Wertungen vorgenommen:
1. Die Angeklagten W., P., M. und R. bildeten im Juni 2008 einen auf Dauer angelegten, organisatorisch fest gefügten Verband, um gemeinsam über Internet-Radiostream vornehmlich volksverhetzende oder sonst strafbare Lieder zu verbreiten. Bei der Einrichtung und dem Betrieb von Internetseite und Radio gingen sie wie folgt arbeitsteilig vor:
Der Angeklagte W., der im Lauf des Sommers 2007 zum Organisator und führenden Kopf der Gruppierung aufgestiegen war, mietete einen Server an und richtete die verfahrensgegenständliche Internetseite "European Brotherhood Radio" ein. Über diese lief der Radiostream, darüber hinaus waren über die Unterseite "Sprengmeister" im Internet Bauanleitungen für die Herstellung von Sprengstoffen sowie Spreng- und Brandvorrichtungen abrufbar. Für den technischen Ablauf der Radiosendungen stattete der Angeklagte W. zunächst die Angeklagten P. und M. sowie später die nicht revidierenden Mitangeklagten B., Br. und F. mit einem Programm aus, über das die Angeklagten W., P. und M. dem jeweiligen Moderator der Radiosendung den Stream entziehen und die Sendung damit unterbrechen konnten. Die Angeklagten W. und P. moderierten zudem selbst Radiosendungen, im Rahmen derer sie teils alleine, teils gemeinsam eine Vielzahl von rechtsextremen Liedern mit volksverhetzendem oder sonst strafbarem Inhalt abspielten. Darüber hinaus rekrutierten sie weitere Personen, die Radiomoderationen übernahmen - darunter die Mitangeklagten B., Br. und F. - und warben u.a. mit Aufklebern und Bannern sowie einem - von der Mitangeklagten Br. hergestellten - Werbejingle für das Radio und die "Sprengmeisterseite". Des Weiteren organisierten sie am 21. Februar 2009 eine Werbeveranstaltung für das Radio.
Der Angeklagte M. mietete den Radiostream an, über den die Radiosendungen im Internet an eine Hörerschaft von etwa 20 bis 50 Personen ausgestrahlt wurden, und moderierte vom 24. bis 26. Februar 2009 eine Dauersendung, in der er ebenfalls rechtsextreme Lieder mit volksverhetzendem oder sonst strafbarem Inhalt abspielte. Der Angeklagte R. beteiligte sich finanziell an der Miete des Radiostreams mit Zahlungen von 6 € im August 2008 und 24 € im November 2008 sowie mit einem am 15. Februar 2009 entrichteten Betrag von 20 € an der Fertigung eines Banners für das Radio; zudem betreute er im gesamten Tatzeitraum den Chatbereich der Internetseite.
Darüber hinaus verwahrten alle vier Angeklagten sowie die Mitangeklagten F., B. und Br. jeweils mehrere tausend Dateien mit rechtsextremen, zumindest teilweise die Tatbestände der Volksverhetzung, des Verbreitens von Propagandamitteln sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erfüllenden Liedern, um sie den Hörern des gemeinsam betriebenen Radios zugänglich zu machen.
Unabhängig vom gemeinsamen Betrieb des Radios war der Angeklagte W. im März 2009 im Besitz eines Butterflymessers, eines Schlagrings sowie einer Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalpistole ohne PTB-Zulassungszeichen mit Magazin und Manöverkartusche, ohne über eine entsprechende waffenrechtliche Erlaubnis zu verfügen.
2. Das Landgericht hat den Zusammenschluss der Angeklagten als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung bewertet (§ 129 Abs. 1 StGB). Die von den Angeklagten im einzelnen im Rahmen der vom Vereinigungszweck getragenen Radiomoderationen begangenen Äußerungs- und Propagandadelikte des Verbreitens von Propagandamitteln und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4, § 86a Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB), der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) und d), Abs. 3, 4 und 5 StGB), der Gewaltdarstellung (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB) sowie die vom Angeklagten W. durch die "Sprengmeisterseite" begangene Anleitung zur Herstellung von nach § 40 WaffG verbotenen Gegenständen (§ 52 Abs. 1 Nr. 4, § 40 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4 WaffG) hat es den jeweils anderen Mitgliedern als mittäterschaftlich begangene Taten zugerechnet (§ 25 Abs. 2 StGB). Dabei hat es alle Äußerungs- und Propagandadelikte jeweils als eine einheitliche Tat im Rechtssinne angesehen.
II. Die von den Angeklagten W., P. und R. erhobenen Verfahrensrügen zeigen aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
III. Der sachlichrechtlichen Nachprüfung hält das Urteil nur teilweise stand.
1. Zutreffend hat das Landgericht allerdings den Zusammenschluss der Angeklagten als kriminelle Vereinigung (§ 129 Abs. 1 StGB) und das Abspielen der Lieder - abhängig vom jeweiligen Liedtext - als Volksverhetzung, Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder Gewaltdarstellung gewürdigt.
Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht den Betrieb der "Sprengmeisterseite" - auch wenn diese vom Angeklagten W. durch Rückgriff auf fremde, im Internet verfügbare Anleitungen zusammengestellt wurde - als Anleitung zur Herstellung von nach § 40 WaffG verbotenen Gegenständen bewertet, weil sich der Angeklagte W. die Inhalte der verbotenen Beschreibungen zu eigen machte (vgl. BayObLG, Beschluss vom 11. November 1997 - 4 St RR 232/ 97, NJW 1998, 1087).
2. Nicht frei von Rechtsfehlern erweisen sich indes die vom Landgericht vorgenommene mittäterschaftliche Zurechnung der von den Vereinigungsmitgliedern im Einzelnen begangenen Taten zu Lasten aller Angeklagten sowie die konkurrenzrechtliche Bewertung der einzelnen Taten. Hierzu im Einzelnen:
a) Schließen sich mehrere Täter zu einer kriminellen Vereinigung zusammen, hat dies - entsprechend den bei einem Zusammenschluss als Bande geltenden Grundsätzen - nicht zur Folge, dass jede von einem Vereinigungsmitglied begangene Tat den anderen Mitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Vielmehr ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Mitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2008 - 3 StR 243/08, StV 2008, 575; vom 13. Mai 2003 - 3 StR 128/03, StV 2004, 21, 22; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 25 Rn. 12).
b) Haben bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktsserie einzelne Angeklagte einen Tatbeitrag zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer auf die Begehung von Straftaten ausgerichteten Infrastruktur erbracht, sind die Einzeltaten der Mittäter zu einem uneigentlichen Organisationsdelikt zusammenzufassen, durch welches mehrere Einzelhandlungen rechtlich verbunden und hiermit die auf Grundlage dieser Infrastruktur begangenen Straftaten in der Person der im Hintergrund Tätigen zu einer einheitlichen Tat oder gegebenenfalls zu wenigen einheitlichen Taten im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammengeführt werden (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184; Beschluss vom 21. Dezember 1995 - 5 StR 392/95, NStZ 1996, 296 f.; Beschluss vom 26. August 2003 - 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 342 f.).
c) Die im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit, da die mitgliedschaftliche Beteiligung in einer solchen Vereinigung zu deren Verklammerung führt. Voraussetzung für eine solche Klammerwirkung ist, dass die Ausführungshandlungen zweier oder mehrerer an sich selbstständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und dass zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbstständigen Delikte und dem sie verbindenden, sich über einen gewissen Zeitraum hinziehenden (Dauer-)Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692, 693; Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., § 52 Rn. 27, 29 jeweils mwN). Als Maßstab hierfür dient die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der Wertevergleich nicht nach einer abstrakt-generalisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 - 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 f.; vgl. auch Stree/SternbergLieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 52 Rn. 16).
3. Danach haben sich die Angeklagten im Einzelnen wie folgt schuldig gemacht:
a) Alle Angeklagten haben sich mitgliedschaftlich an der kriminellen Vereinigung beteiligt (§ 129 Abs. 1 StGB). Ein Schuldspruch auch wegen hierzu in Tateinheit stehender Gründung der Vereinigung kommt nicht in Betracht. Zwar steht das Gründen einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB zu der weiteren Tatbestandsalternative der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung jedenfalls dann im Verhältnis der Tateinheit, wenn sich die Beteiligung als Mitglied wie hier unmittelbar an das Gründen der Vereinigung anschließt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216 unter Aufgabe von BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2003 - 3 StR 43/03, NStZ 2004, 385). Indes kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Landgericht die Gründung der Vereinigung nicht schon vor dem Juni 2008 für möglich angesehen hat (UA S. 54). Taten in diesem Zeitraum hat das Landgericht nach § 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen (UA S. 50).
b) Der Angeklagte W. hat täterschaftlich zum Herstellen von nach § 40 WaffG verbotenen Gegenständen angeleitet, indem er die "Sprengmeisterseite" eigenhändig zusammenstellte und im Internet zum Abruf bereitstellte. Demgegenüber ist der Angeklagte P. nur der Beihilfe zum Anleiten schuldig, indem er durch Abspielen von Werbejingles im Rahmen der von ihm moderierten Sendungen auf die Seite aufmerksam machte. Die Angeklagten M. und R. haben zur "Sprengmeisterseite" keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet.
c) Hinsichtlich der Radiosendungen haben sich die Angeklagten W., P. und M. der in der Beschlussformel genannten Äußerungs- und Propagandadelikte jeweils durch eigenhändiges Moderieren von Sendungen sowie dem Abspielen der im einzelnen vom Landgericht festgestellten Lieder schuldig gemacht, und zwar der Angeklagte W. durch die Sendungen am 16. Januar, 3., 5., 10., 12., 13., 27. und 28. Februar sowie 11. März 2009, der Angeklagte P. durch die Sendungen am 16. Januar, 7. und 12. Februar sowie 11. bis 12. März 2009 und der Angeklagte M. durch die unmoderierte Dauersendung vom 24. bis 26. Februar 2009. Der Angeklagte R. hat keine Sendung eigenhändig moderiert, so dass er die Delikte der Volksverhetzung, des Verbreitens von Propagandamitteln und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen jeweils nur in der Tatalternative des Vorrätighaltens zum Zwecke deren Verbreitung begangen hat (§ 86 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt., § 86a Abs. 1 Nr. 2 2. Alt., § 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d) 4. Alt., Abs. 5 StGB).
d) Darüber hinaus können den Angeklagten W. und M., die durch Zur-Verfügung-Stellung von Internetseite und Radiostream einen wesentlichen Beitrag zur tatnotwendigen Infrastruktur geleistet haben, die von anderen Moderatoren abgespielten Lieder als jeweils ein einheitliches Äußerungs- oder Propagandadelikt im Sinne eines uneigentlichen Organisationsdeliktes zugerechnet werden. Den Angeklagten P. und R. sind die von anderen Beteiligten durchgeführten Moderationen nach den allgemeinen Kriterien nur als eine einheitliche Beihilfe zu deren Äußerungs- oder Propagandadelikten zuzurechnen, und zwar weil der Angeklagte R. die Infrastruktur finanziell unterstützte und der Angeklagte P. am 21. Februar 2009 eine Werbeveranstaltung für das Radio mitorganisierte.
e) Die solchermaßen von den Angeklagten verwirklichten Delikte der Volksverhetzung, des Verbreitens von Propagandamitteln und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie der Gewaltdarstellung bzw. der Beihilfe hierzu werden durch die Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung, deren Tätigkeit auf die Begehung dieser Straftaten gerichtet war, jeweils miteinander zur Tateinheit verklammert. Das Vergehen gemäß § 129 Abs. 1 StGB ist hier auch geeignet, sämtliche Propagandadelikte einschließlich der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 StGB zu verklammern, weil auch insoweit die erforderliche Wertgleichheit gegeben ist. Dass die Untergrenze des Strafrahmens der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 StGB (drei Monate Freiheitsstrafe) geringfügig höher ist als diejenige der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (Geldstrafe), steht einer Verklammerung der Taten mit Blick auf die konkreten Umstände nicht entgegen.
f) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Taten führen. Er ändert deshalb die Schuldsprüche (§ 354 Abs. 1 StPO). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegen die geänderten Schuldvorwürfe nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
4. Die Änderungen der Schuldsprüche führen nicht zur Aufhebung der Strafaussprüche, da der Senat ausschließen kann, dass das Landgericht jeweils auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
IV. Die Schuldspruchberichtigung ist entsprechend § 357 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten F., Br. und B. zu erstrecken. Auch ihnen wurden die durch andere Vereinigungsmitglieder verwirklichten Taten, d.h. die Anleitung zur Herstellung von in § 40 WaffG genannten Gegenständen sowie die im Rahmen einzelner Moderationen begangenen Äußerungs- und Propagandadelikte, rechtsfehlerhaft als in Mittäterschaft begangen zugerechnet. Nach den obigen Ausführungen sind die drei Mitangeklagten indes nur der Beihilfe an dem Waffendelikt des Angeklagten W. schuldig, indem sie ein Werbejingle für die Seite produzierten (Br.) bzw. dieses in den von ihnen moderierten Sendungen abspielten (F. und B.). Darüber hinaus sind sie nur derjenigen, aus der Beschlussformel ersichtlichen Äußerungs- und Propagandadelikte schuldig, die sie eigenhändig im Rahmen der von ihnen selbst gestalteten Radiosendungen begangen haben, d.h. für die Mitangeklagte F. in den Sendungen am 29. September 2008, 22., 27. und 30. Januar sowie 1., 9. und 18./19. Februar 2009, für den Mitangeklagten B. in den Sendungen am 16. Januar und 3. Februar 2009 sowie für die Mitangeklagte Br. in den Sendungen am 5., 8., 11., und 12. Oktober, 25. und 27. November, 11., 14., 19. und 20. Dezember 2008, 10., 11., 15. und 29./30. Januar sowie 16. und 26. Februar 2009. Ferner ist die Mitangeklagte F. wegen der Mitorganisation einer Werbeveranstaltung für das Radio am 21. Februar 2009 der Beihilfe an den darauf folgend von anderen Beteiligten begangenen Äußerungs- und Propagandadelikten schuldig.
Dass die Berichtigung des Schuldspruchs auch im Fall der Mitangeklagten F., Br. und B. keine Auswirkungen auf den Strafausspruch hat, weil der Senat auch insoweit die Verhängung einer milderen Strafe ausschließen kann, steht der Erstreckung der Revision nach § 357 StPO nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 31. Juli 1996 - 3 StR 269/96, bei Kusch NStZ 1997, 376; Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507). § 265 StPO steht ebenfalls nicht entgegen, da sich die Betroffenen nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
V. Die Entscheidungen über die Einziehung von "1078 CDs, DVDs, MCs und LPs" beim Angeklagten W. sowie beim Angeklagten R. über die Einziehung einer Webcam sind rechtsfehlerhaft, da die Begründungen so unspezifisch sind, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung nicht möglich ist (BGH, Beschluss vom 22. Januar 1993 - 3 StR 536/92, StV 1993, 245 dort nur red. Leitsatz). Beim Angeklagten R. war nicht ersichtlich, in welcher Weise die Webcam zur Vorbereitung oder Begehung der von ihm verwirklichten Delikte gebraucht worden oder bestimmt gewesen ist; beim Angeklagten W. kam eine pauschale Einziehung von 1078 CDs, DVDs, MCs und LPs unterschiedlichen Inhalts als Sachgesamtheit nicht in Betracht, da es sich schon nicht um eine wirtschaftliche Einheit und damit nicht um eine Sammlung handelte (vgl. Vieweg in: jurisPKBGB, 5. Aufl., § 90 Rn. 22 mwN).
Über die Einziehung muss deshalb erneut verhandelt und entschieden werden.
HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 611
Externe Fundstellen: NStZ 2011, 577
Bearbeiter: Ulf Buermeyer