HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 166
Bearbeiter: Stephan Schlegel
Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 2029/01, Urteil v. 05.02.2004, HRRS 2004 Nr. 166
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
§ 67d Absatz 3 des Strafgesetzbuchs und Artikel 1a Absatz 3 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (Bundesgesetzblatt I 1998 Seite 160) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen strafgerichtliche Beschlüsse, mit denen der Antrag des Beschwerdeführers abgelehnt wurde, die erstmalig gegen ihn angeordnete Sicherungsverwahrung nach Ablauf von zehn Jahren für erledigt zu erklären. Mittelbar stellt sie die Verfassungsmäßigkeit der Sicherungsverwahrung in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung in Frage.
1. Jede gesellschaftliche Ordnung ist darauf angewiesen, sich vor gefährlichen Straftätern zu schützen. Als Mittel der Prävention kamen seit dem Mittelalter neben der Unterbringung auf unbestimmte Zeit die Todesstrafe, Galeerensklaverei oder Deportation zur Anwendung. Mit dem Aufkommen der Gefängnisstrafen wurden rückfällige Straftäter zu langen Haftstrafen und Zwangsarbeit verurteilt. Auch das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 eröffnete darüber hinaus in der Vorschrift des § 5 II 20 die Möglichkeit, Hangtäter über die Dauer der Freiheitsstrafe hinaus in Haft zu behalten.
Ende des 19. Jahrhunderts vertrat eine "moderne" Strafrechtsschule die Idee von Strafe als täterbezogenem Mittel der Abschreckung, Besserung und Sicherung und entwickelte ein dualistisches Sanktionensystem. Danach muss die Strafe zwar an der Schuld orientiert bleiben, ist aber durch ergänzende Maßnahmen zu vervollständigen, soweit sie Präventionsbedürfnisse nicht hinreichend befriedigen kann. In Deutschland wurde das zweispurige Sanktionensystem - wenn auch in unterschiedlicher Ausgestaltung - in alle Entwürfe zu einem neuen Strafgesetzbuch zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in der Weimarer Republik aufgenommen.
Eingang in das Strafgesetzbuch fand schließlich das zweispurige Sanktionensystem mit dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl I S. 995 - Gewohnheitsverbrechergesetz). Dieses sah für "gefährliche Gewohnheitsverbrecher" in § 20a RStGB eine Strafschärfung und in § 42e RStGB die obligatorische Anordnung der Sicherungsverwahrung vor. Nach § 42f RStGB war die Unterbringung nicht befristet und hatte so lange fortzudauern, als ihr Zweck - Schutz der öffentlichen Sicherheit - es erforderte. Das Gericht hatte gemäß § 42f Abs. 3 RStGB im Abstand von drei Jahren zu prüfen, ob der Zweck der Maßregel erreicht war. Zur zeitlichen Geltung bestimmte § 2a RStGB, dass über Maßregeln der Sicherung und Besserung nach dem Gesetz zu entscheiden war, das bei der Entscheidung galt. Darüber hinaus sah das Gesetz in einer Übergangsvorschrift eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung für bereits inhaftierte Straftäter vor (vgl. Art. 5 Gewohnheitsverbrechergesetz).
2. Nach 1945 blieb das Gewohnheitsverbrechergesetz von 1933 im Wesentlichen unangetastet. Die Regelungen über die Sicherungsverwahrung wurden ebenso in das Strafgesetzbuch von 1953 übernommen wie § 2a RStGB. Erst im Jahre 1969 gestaltete das Erste Gesetz zur Reform des Strafrechts (BGBl 1969 I S. 645) das Recht der Sicherungsverwahrung tief greifend um. Mit Wirkung vom 1. April 1970 entfiel § 20a StGB; ferner wurden die formellen und materiellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung in § 42e StGB verschärft. So hob das Gesetz das geforderte Strafmaß der Anlasstat an, stellte höhere Anforderungen hinsichtlich der Vorstrafen und forderte eine Vorverbüßung für die obligatorische Sicherungsverwahrung. Eine Höchstdauer der Unterbringung war nicht vorgesehen, jedoch wurden die Fristen für die gerichtliche Überprüfung der Unterbringungsvoraussetzungen auf zwei Jahre verkürzt (§ 42f StGB).
Mit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (BGBl I 1969 S. 717) am 1. Januar 1975 wurde § 42e Abs. 1 und 2 StGB inhaltlich unverändert zum heutigen § 66 Abs. 1 und 2 StGB. Das Gesetz behielt die Fristen für die gerichtliche Überprüfung der Sicherungsverwahrung bei und brachte sie in die heutige Fassung der §§ 67c und 67e StGB. Jedoch begrenzte der Gesetzgeber die Dauer der erstmalig angeordneten Sicherungsverwahrung gemäß § 67d Abs. 1 StGB auf zehn Jahre und ersetzte dadurch die frühere Regelung des § 42f StGB. Die Vorschriften lauteten nunmehr:
§ 67d StGB (Dauer der Unterbringung)
(1) Es dürfen nicht übersteigen
...
die erste Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zehn Jahre.
Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzuges der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.
(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Vollstreckungsgericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, sobald verantwortet werden kann zu erproben, ob der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein.
(3) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt.
Die Einführung der Zehnjahresgrenze war zunächst gefordert worden, um die Scheu des Richters vor der absolut unbestimmten Sanktion zu beseitigen. Viele Gerichte sähen in der Praxis die Sicherungsverwahrung als einen lebenslänglichen Freiheitsentzug an und schreckten deshalb vor ihrer Anordnung zurück. Man wollte mit der neuen Regelung erreichen, dass die Gerichte diese Bedenken überwänden und von der Möglichkeit, die Sicherungsverwahrung anzuordnen, im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit künftig häufiger Gebrauch machten (vgl. Prot. des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 5. Wahlp., 3. Sitzung, S. 14). Im Laufe der weiteren Diskussion verwies man auch auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip und den Bestimmtheitsgrundsatz (vgl. BTDrucks 7/2222, S. 2 f.). Einen weiteren Grund für die Befristung sah man in der Unzulänglichkeit prognostischer Methoden (vgl. Prot. des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 7. Wahlp., 17. Sitzung, S. 742; Prot. des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 7. Wahlp., 33. Sitzung, S. 1694). Dagegen lehnte der Gesetzgeber es ab, die Zehnjahresgrenze auch für die wiederholte Sicherungsverwahrung aufzunehmen. Den Rechten der Verwahrten werde durch die regelmäßige Überprüfung der Maßregel gemäß § 67e StGB genügend Rechnung getragen (vgl. Prot. des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 5. Wahlp., 116. Sitzung, S. 2307 ff.).
Den Grundsatz, wonach über Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem Recht des Entscheidungszeitpunkts zu befinden ist, erweiterte das 2. Strafrechtsreformgesetz um den redaktionellen Zusatz "wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist" zum heutigen § 2 Abs. 6 StGB.
3. a) Das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 160) lockerte zum einen die formellen Anordnungsvoraussetzungen der Sicherungsverwahrung. Nach dem neu eingefügten Absatz 3 des § 66 StGB kann das Gericht in schweren Fällen bereits nach der ersten einschlägigen Wiederholungstat die Sicherungsverwahrung anordnen, unter den Voraussetzungen des Satzes 2 sogar ohne eine frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung. Die Vorschrift über die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung lautet nunmehr:
§ 66 StGB
(Unterbringung in der Sicherungsverwahrung)
(1) Wird jemand wegen einer vorsätzlichen Straftat zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
1. der Täter wegen vorsätzlicher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2. er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
3. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, daß er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei vorsätzliche Straftaten begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Nr. 3 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Nr. 1 und 2) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines Verbrechens oder wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 174c, 176, 179 Abs. 1 bis 3, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat ein Verbrechen oder eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Nr. 2 und 3 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Nr. 3 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Nr. 1 und 2) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) ...
b) Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Änderung des § 67d StGB, mit der der Gesetzgeber die dort geregelte Höchstdauer der ersten Unterbringung in der Sicherungsverwahrung von zehn Jahren aufgehoben hat. Gleichzeitig änderte er den Absatz 2 von einer Erprobungs- in eine Erwartungsklausel. Im Gegenzug führte er für alle Fälle der Sicherungsverwahrung, also auch für die wiederholt angeordnete, in Absatz 3 eine Pflicht zur Überprüfung nach zehnjähriger Vollzugsdauer ein. Die Vorschrift lautet nunmehr:
§ 67d StGB (Dauer der Unterbringung)
(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.
(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein.
(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte infolge seines Hanges erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Erledigung tritt Führungsaufsicht ein.
(4) ...
(5) ...
Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 13/8586) hatte eine Streichung der Höchstfrist nicht vorgesehen. Demgegenüber hatte der Bundesrat vorgeschlagen, bei grundsätzlicher Beibehaltung der Höchstfrist die Anordnung unbefristeter Sicherungsverwahrung vor Ablauf von zehn Jahren ausnahmsweise für den Fall zu ermöglichen, dass der Schutz der Allgemeinheit dies erfordere. Es sei nicht länger tragbar, dass die erstmalige Sicherungsverwahrung von Gesetzes wegen ausnahmslos auf zehn Jahre begrenzt sei. Das geltende Recht führe dazu, dass ein Verurteilter, der auch nach Ablauf von zehn Jahren noch hochgradig gefährlich sei, zwingend in die Freiheit entlassen werden müsse. Derartige Fälle gebe es zwar in der Praxis sehr selten. Es sei aber für jeden Einzelfall nicht vermittelbar, dass das Gesetz dazu zwinge, die mit einer Entlassung hochgefährlicher Täter verbundenen Risiken einzugehen und im Extremfall abwarten zu müssen, bis sich der Täter erneut in schwerwiegender Weise vergangen habe (vgl. BTDrucks 13/7559, S. 11). In ihrer Gegenäußerung hatte die Bundesregierung die Abschaffung der Höchstfrist für unnötig erklärt, da in keinem Fall, der die Öffentlichkeit bewegt habe, der Täter ein zuvor - nach oder vor Ablauf der Höchstfrist - aus der Sicherungsverwahrung Entlassener gewesen sei (vgl. BTDrucks 13/7559, S. 18).
Der schließlich verabschiedete Gesetzestext geht auf eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages zurück (vgl. BTDrucks 13/8989, S. 6). Der Rechtsausschuss berichtete dazu, die bisherige zwingende Beschränkung der erstmaligen Sicherungsverwahrung sei mit den berechtigten Sicherheitsinteressen der Bevölkerung nicht in Einklang zu bringen. Um die Verlängerung der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus auf die unabweisbar notwendigen Fälle zu beschränken, sehe der Entwurf eine gesonderte Überprüfung vor. Nur wenn die Gefahr bestehe, dass der Untergebrachte infolge seines Hanges Straftaten begehen werde, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt würden, könne die Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus vollstreckt werden. Zur Durchführung dieser Überprüfung seien ein Sachverständiger anzuhören und dem Untergebrachten ein Verteidiger zu bestellen (vgl. BTDrucks 13/9062, S. 10).
c) Zum zeitlichen Anwendungsbereich bestimmt der in Art. 1a EGStGB eingefügte Absatz 2, dass die erleichterten Anordnungsvoraussetzungen der Maßregel nur in die Zukunft wirken. Mit der Verfassungsbeschwerde wird der ebenfalls neu eingefügte Absatz 3 angegriffen, demzufolge der Wegfall der Zehnjahresgrenze auch Straftäter betrifft, die ihre Tat vor Verkündung und Inkrafttreten der Novelle begangen haben und vor diesem Zeitpunkt verurteilt worden sind:
Art. 1a EGStGB
(Anwendbarkeit der Vorschriften über
die Sicherungsverwahrung)
(1) ...
(2) § 66 Abs. 3 des Strafgesetzbuches findet nur Anwendung, wenn der Täter eine der Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art nach dem 31. Januar 1998 begangen hat.
(3) § 67d des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 160) findet uneingeschränkt Anwendung.
Den in Art. 1a Abs. 2 EGStGB hinsichtlich des § 66 Abs. 3 StGB vorgesehenen Ausschluss einer Rückwirkung begründete der Gesetzgeber mit dem Prinzip des Vertrauensschutzes. Dagegen trage die in Art. 1a Abs. 3 EGStGB vorgesehene uneingeschränkte Rückwirkung des § 67d StGB dem Umstand Rechnung, dass die Neuregelung hier nicht die Anordnung, sondern allein die Dauer der Sicherungsverwahrung betreffe. Deshalb seien "an den Rückwirkungsschutz von Verfassungs wegen nicht dieselben hohen Anforderungen wie im Fall des § 66 Abs. 3 StGB-E zu stellen" (BTDrucks 13/9062, S. 12).
d) Das Verfahrensrecht ist im Hinblick auf die Neuregelung ergänzt und angepasst worden. § 463 Abs. 3 StPO n.F. schreibt für die gerichtliche Überprüfung nach § 67d Abs. 3 StGB und die nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 StGB zwingend die Anhörung eines Sachverständigen sowie die Bestellung eines Verteidigers vor. Des Weiteren normiert § 9 StVollzG n.F., ergänzt durch Regelungen in § 6 Abs. 2 Satz 2 und § 7 Abs. 4 StVollzG, eine zwingende Verlegung behandlungsfähiger Sexualstraftäter in sozialtherapeutische Anstalten.
Der 1957 geborene Beschwerdeführer befand sich seit seinem 15. Lebensjahr nur wenige Wochen in Freiheit. Ohne die von ihm angegriffene Neuregelung wäre er am 18. August 2001 wegen Ablaufs der Zehnjahresfrist aus dem Maßregelvollzug zu entlassen gewesen.
1. Nachdem er schon 1971 wegen Ladendiebstahls richterlich verwarnt werden musste, saß er rund ein Jahr später wegen Diebstahls und Genussmittelentwendung erstmals fünf Tage lang im Jugendarrest ein. Einen knappen Monat später brach er mit weiteren Jugendlichen unter anderem wiederholt Kraftfahrzeuge und Wohnwagen auf. Er wurde im September 1972 wegen fortgesetzten schweren gemeinschaftlichen Diebstahls in drei Fällen unter anderem zu einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer verurteilt. Das Höchstmaß von drei Jahren verbüßte er bis zum 5. Juli 1975. Während der Strafvollstreckung entwich er insgesamt dreimal. Keine drei Wochen nach seiner Entlassung aus der Jugendhaftanstalt machte er sich erneut wegen unter anderem mehrerer Pkw-Aufbrüche strafbar und wurde schließlich im November 1975 zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt. Während der Haftzeit war er eine Woche flüchtig. Die Strafe wurde bis Juli 1976 vollstreckt.
2. Eine Woche nach seiner Haftentlassung beging er einen gemeinschaftlichen Raub in Tateinheit mit gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und räuberischer Erpressung, am folgenden Tag einen versuchten Mord und einen weiteren Tag später einen gemeinschaftlichen Diebstahl in einem besonders schweren Fall.
Das Landgericht Kassel verurteilte den Beschwerdeführer wegen dieser Taten im Oktober 1977 zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren. Diese Strafe verbüßte er zunächst bis zum Juli 1980 zu zwei Dritteln, bevor die Vollstreckung zugunsten der nachfolgenden beiden Verurteilungen unterbrochen und schließlich bis Oktober 1984 vollständig vollzogen wurde.
3. Im November 1977 wurde der Beschwerdeführer während seiner Inhaftierung erneut straffällig, indem er aus nichtigem Anlass einen schweren Metallkasten nach einem Aufsichtsbeamten schleuderte und anschließend mit einem Schraubenzieher auf ihn einstach. Deshalb verurteilte ihn das Landgericht Wiesbaden im März 1979 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ordnete gemäß §§ 63, 20, 21 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an und bestimmte, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen sei. Der Beschwerdeführer leide unter einer Psychopathie, die eine schwere seelische Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB darstelle und immer wiederkehrende schwerste Übergriffe auf seine Mitmenschen in hohem Maße wahrscheinlich mache.
4. Schon vor dieser Verurteilung hatte ein Streit mit einem Mithäftling über ein geöffnetes Zellenfenster dazu geführt, dass der aufgebrachte Beschwerdeführer mit voller Kraft nach dem Kopf des schwer behinderten und körperlich unterlegenen Mithäftlings trat, sich auf ihn stürzte und ihn schlug und würgte. Das Landgericht Marburg verurteilte den Beschwerdeführer deshalb wegen Körperverletzung unter Einbeziehung der unter 3. genannten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Die Anordnung gemäß § 63 StGB blieb aufrecht erhalten.
5. Die Maßregel wurde seit Oktober 1984 in einer Klinik für gerichtliche Psychiatrie vollzogen. Der Beschwerdeführer verhielt sich dort zunächst unauffällig und angepasst, entschloss sich aber dann im Juli 1985 zur Flucht. Im Rahmen von Vollzugslockerungen absolvierte er einen mehrstündigen Ausgang mit einer ehrenamtlichen Vollzugshelferin, die bereits seit 1980 Kontakt zu ihm pflegte. Die Vollzugshelferin lud den Beschwerdeführer zunächst zum Mittagessen ein. Beim anschließenden Spaziergang brachte der Beschwerdeführer seine Begleiterin plötzlich zu Fall und würgte sie, um sie zu töten. Erst als sich drei Jugendliche dem Tatort näherten, ließ er von der Vollzugshelferin ab und flüchtete unter Mitnahme ihrer Handtasche. Wenige Tage später - nachdem ein geplanter Raubüberfall auf eine Parkhausnutzerin unmittelbar vor der Ausführung fehlgeschlagen war - wurde er gefasst. Das Landgericht Marburg verurteilte ihn im November 1986 wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit Raub zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und ordnete seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an. Das Gericht ging nach sachverständiger Beratung davon aus, dass der Beschwerdeführer für seine Tat voll verantwortlich gewesen sei. Er habe jedoch eine eingewurzelte und intensive Neigung zu Rechtsbrüchen, durch welche die Opfer seelisch, vor allem aber körperlich schwer geschädigt würden. Er neige zu kurzschlüssigen Aggressionsreaktionen, mit denen auch in Zukunft zu rechnen sei. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Freiheit jeden Geldmangel zum Anlass nehmen werde, Gewalttaten gegen Personen zu begehen, und dabei auch vor der Tötung seiner Opfer nicht zurückschrecken werde.
Der Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wurde zur Vollstreckung der Untersuchungshaft, der Strafhaft und der anschließenden Sicherungsverwahrung unterbrochen. Die Sicherungsverwahrung wird seit dem 18. August 1991 vollzogen.
6. Während des Maßregelvollzugs nutzte der Beschwerdeführer im Oktober 1995 einen Tagesausgang zur Flucht, stellte sich jedoch im November der Polizei. Im Juli 1996 brach er einem Mitgefangenen das Nasenbein, um einer angeblichen Forderung über 100,- DM Nachdruck zu verleihen. 1998 berichtete die Justizvollzugsanstalt, dass der Beschwerdeführer vermehrt impulsiv-aggressive Verhaltensweisen zeige. Er habe seine Rücksichtslosigkeit zum Prinzip erhoben. Seit geraumer Zeit bekenne er sich zur Skinheadszene. Aus seiner Zelle seien SS-Zeichen, Hakenkreuze sowie Bilder von Hitler und Goebbels entfernt worden. Er verweigere die Zusammenarbeit mit ausländischen Gefangenen. Tiefer geworden sei auch sein Hass gegen den Anstaltsleiter, den er wegen eines Rückenleidens als "unwertes Leben" bezeichnet habe, das "im Dritten Reich im KZ gelandet wäre".
7. Nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens lehnte es die Strafvollstreckungskammer mit dem hier angegriffenen Beschluss erneut ab, die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt zu erklären. Über die letztgenannte Maßregel sei erst zu entscheiden, wenn deren Vollstreckung anstehe. Beim Beschwerdeführer sei zwar nicht mehr von einer psychiatrischen Erkrankung auszugehen. Er weise aber histrionische Persönlichkeitszüge auf, die in eine ausgeprägte narzisstische Problematik eingebettet seien. Des Weiteren zeige sich ein hochgradiger Empathiemangel. Zwar habe er gelernt, soziale Situationen kognitiv einzuschätzen, kenne aber keine emotionalen Barrieren, die ihn hinderten, sich zum Schaden anderer durchzusetzen. Er habe sich isoliert und stehe in der Gefahr, dass er mit seinem hohen narzisstischen Bedarf nach Wahrgenommenwerden und Aufmerksamkeit "auf der Strecke" bleibe. Es sei zu erwarten, dass er neue "Lösungswege" einschlagen und in diesem Rahmen auch neue Straftaten begehen werde, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt würden.
Gegen die gesetzliche Neuregelung, die eine Fortdauer der erstmals angeordneten Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus zulasse, bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Auf seine sofortige Beschwerde, mit der er insbesondere die Verfassungswidrigkeit von § 67d Abs. 3 StGB n.F. i.V.m. Art. 1a Abs. 3 EGStGB geltend machte, erklärte das Oberlandesgericht nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt, verwarf die sofortige Beschwerde aber als unbegründet, soweit sie sich gegen die Fortdauer der Sicherungsverwahrung richtete.
Der verbliebene Hang zu weiteren gefährlichen Straftaten liege in der Charakterpathologie, der fehlenden Internalisierung sozialer Normen und dem fehlenden emotionalen Bezug zu anderen begründet. Dies stelle zwar beim Beschwerdeführer keine "andere seelische Abartigkeit" im Sinne der §§ 21, 20 StGB dar. Die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers erfordere jedoch seine weitere Unterbringung in der Sicherungsverwahrung; diese sei angesichts der Schwere der drohenden Straftaten auch verhältnismäßig.
Im Übrigen verletzten die durch das Gesetz vom 26. Januar 1998 eingeführten Vorschriften weder Art. 2 Abs. 2 GG noch Art. 103 Abs. 2 GG oder das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers verstößt die Neuregelung gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende allgemeine Rückwirkungsverbot. Es handele sich um einen Fall echter Rückwirkung, denn die Rechtsfolgen der Tat mit der rechtskräftigen Verurteilung stünden fest, würden also durch das Gesetz nachträglich geändert. Mit Rechtskraft der Verurteilung habe ein einheitlicher Lebenssachverhalt seinen Abschluss gefunden; die anschließende Vollstreckung bilde einen neuen Lebenssachverhalt. Die echte Rückwirkung sei verfassungswidrig. Es fehle an einer empirisch belegbaren Notwendigkeit für die angestrebte Verlängerung der Sicherungsverwahrung. Hinweise auf schwerwiegende Taten von Personen, die nach Erreichen der Zehnjahresgrenze entlassen worden seien, gebe es nicht. Deshalb rechtfertigten Erwägungen des Allgemeinwohls eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung selbst dann nicht, wenn man lediglich einen Fall unechter Rückwirkung annähme.
Darüber hinaus verletze die gesetzliche Neuregelung das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Bei der Sicherungsverwahrung handele es sich um eine "Strafe". Dies zeige bereits ein Vergleich mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, aus dem der Bundesgesetzgeber seine Kompetenz für das Recht der Sicherungsverwahrung ableite, obgleich die Vorschrift nur das "Strafrecht", nicht aber das Maßregelrecht erwähne. Fasse man die Sicherungsverwahrung als rein präventive Maßnahme auf, so seien die sie betreffenden Regelungen mangels Gesetzgebungskompetenz sogar insgesamt verfassungswidrig. Ferner fordere auch die enge Verknüpfung von Strafe und Maßregel eine Anwendung des Art. 103 Abs. 2 GG. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung setze eine vorsätzliche Straftat voraus, die mit einer gewissen Mindeststrafe geahndet werden müsse; auch werde die Sicherungsverwahrung wie die Strafe in einer Justizvollzugsanstalt vollstreckt.
Der nachträgliche Wegfall der Höchstgrenze verstoße mangels zeitlicher Limitierung der Sanktion auch gegen das Bestimmtheitsgebot. Ferner stelle es eine Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) dar, wenn der Gesetzgeber die ursprünglich angeordnete (befristete) Sicherungsverwahrung nachträglich in eine unbefristete abändere. Darüber hinaus widerstreite die Neuregelung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die vorausgehende Strafvollstreckung und die Sicherungsverwahrung dauerten zusammen in aller Regel 15 und mehr Jahre. Die Gesamtdauer sei damit regelmäßig länger als diejenige, die der Gesetzgeber für das schwerste Verbrechen - Mord - in § 57a StGB mit 15 Jahren festgesetzt habe. Schließlich sei zu befürchten, dass wegen der entfallenen zeitlichen Begrenzung entlassungsvorbereitende Vollzugslockerungen noch restriktiver gehandhabt würden als bisher. Damit würden die Sicherungsverwahrten erheblich schlechter gestellt als Täter, die zu einer zeitigen oder lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden seien.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich das Bundesministerium der Justiz, die Vorsitzenden des 1., 3. und 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, der Generalbundesanwalt, das Bayerische Staatsministerium der Justiz, die Niedersächsische sowie die Hessische Staatskanzlei geäußert. Sie kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die gesetzliche Neuregelung mit den Gewährleistungen des Grundgesetzes vereinbar ist und ihre Anwendung durch die Fachgerichte im Ausgangsfall keinen durchgreifenden Bedenken begegnet.
Der Senat hat den Landesregierungen einen Fragenkatalog übersandt, um Aufschluss über die vollstreckungs- und vollzugsrechtliche Handhabung der Sicherungsverwahrung in den einzelnen Ländern zu gewinnen. Die Antworten gingen im Zeitraum von März bis Juni 2002 ein; ihnen lässt sich entnehmen:
In den Ländern befanden sich im Untersuchungszeitraum insgesamt 284 Personen im Vollzug einer erstmals angeordneten Sicherungsverwahrung; gegen 29 Verurteilte wurde die Maßregel auf Grund wiederholter Anordnung vollstreckt. Mindestens 165 Untergebrachte (ohne Nordrhein-Westfalen) waren vom Wegfall der zeitlichen Begrenzung gemäß § 67d StGB i.V.m. Art. 1a Abs. 3 StGB betroffen, weil bei ihnen die Maßregel vor dem 31. Januar 1998 angeordnet worden war. Die durchschnittliche Vollzugsdauer der erstmalig angeordneten Sicherungsverwahrung benannten Baden-Württemberg mit sechs Jahren, Bayern mit sieben Jahren, Hessen sowie Nordrhein-Westfalen mit vier Jahren und sieben Monaten und Schleswig-Holstein mit zwei Jahren und drei Monaten. Die wiederholte Sicherungsverwahrung wurde in Bayern durchschnittlich 10,2 Jahre lang und in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich sechs Jahre und drei Monate lang vollzogen.
Die Frage nach Besonderheiten im Vollzug der Sicherungsverwahrung beantworteten die Länder - bei erheblichen Unterschieden im Einzelnen - mit Hinweisen auf Einzelunterbringung, Sonderausstattung des Haftraums, Benutzung eigener Kleider und eigener Bettwäsche, Unterbringung in Wohngruppen und Erlaubnis zur Kleintierhaltung. Den Sicherungsverwahrten stünden teilweise zusätzliche Freizeit-, Gemeinschafts-, Küchen- und Sporträume zur Verfügung. Sie seien bezüglich Einkauf, Paketempfang, Taschengeld, Telefonaten, Besuchsmöglichkeiten und Freigang sowie bezüglich der Aufschlusszeiten besser gestellt als Strafgefangene. Der Kontakt zu den Strafgefangenen sei ebenso möglich wie die Teilnahme an den in der jeweiligen Vollzugsanstalt für alle Gefangenen angebotenen Freizeitaktivitäten.
Der Anteil der Untergebrachten, die sich in psychiatrischer, psychologischer oder sozialtherapeutischer Behandlung befinden, wird für Baden-Württemberg mit 22 v.H., für Berlin mit 38 v.H., für Hamburg mit 44 v.H., für Hessen mit 40 v.H., für Niedersachsen mit 29 v.H., für Nordrhein-Westfalen mit 69 v.H. und für Schleswig-Holstein mit 40 v.H. angegeben. Einer Arbeit, arbeitstherapeutischen Beschäftigung, Ausbildung oder Weiterbildung gehen im Länderdurchschnitt etwa 65 v.H. der Sicherungsverwahrten nach. Als Ursachen dafür, dass solche Therapie-, Beschäftigungs- oder Ausbildungsmöglichkeiten von einem Teil der Untergebrachten nicht wahrgenommen werden, benennen die Länder Alter, Krankheit, eine Verweigerungshaltung oder fehlende Motivation der Untergebrachten.
In mündlicher Verhandlung hat das Bundesverfassungsgericht sachverständige Auskunftspersonen zu ihren Einschätzungen der Prognosesicherheit bei langjährig Untergebrachten sowie der Bedeutung und praktischen Handhabung der Sicherungsverwahrung angehört. Zur Prognoseproblematik haben sich die als Auskunftspersonen geladenen Prof. Dr. Dr. h.c. A. Marneros, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Halle-Wittenberg, und Prof. Dr. N. Nedopil, Leiter der Abteilung Forensische Psychiatrie der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität München, geäußert. Zur Vollzugswirklichkeit haben neben dem früheren Leiter der Abteilung für Sicherungsverwahrte in der Justizvollzugsanstalt Freiburg, Richter am Amtsgericht T. Ullenbruch, Leiter verschiedener Justizvollzugsanstalten der Länder Stellung genommen. Der Beschwerdeführer sowie Vertreter der beteiligten Länder und des Bundes haben darüber hinaus ihre schriftsätzlichen Stellungnahmen vertieft.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit der Beschwerdeführer mittelbar die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung des § 67d Abs. 3 StGB rügt. Insofern legt er die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG substantiiert dar.
Dagegen macht der Beschwerdeführer keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die konkrete Anwendung der Neuregelung in den angegriffenen Beschlüssen geltend. Die Auslegung des § 67d Abs. 3 StGB seitens der Vollstreckungsgerichte greift er weder ausdrücklich noch der Sache nach an. Dies hätte der Beschwerdeführer jedoch innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG tun müssen (vgl. BVerfGE 81, 208 <214 f.>; 88, 40 <44 f.>). Infolgedessen hat sich der Senat auf die mittelbare Normenkontrolle zu beschränken, ohne die angegriffenen Beschlüsse im Übrigen zu überprüfen.
Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie unbegründet. § 67d Abs. 3 StGB und Art. 1a Abs. 3 EGStGB sind unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ohne gesetzlich geregelte zeitliche Obergrenze verstößt nicht gegen die in Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Garantie der Menschenwürde.
1. a) Achtung und Schutz der Menschenwürde gehören zu den Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 45, 187 <227>; 87, 209 <228>; 96, 375 <398>; 102, 370 <389>). Mit der Menschenwürde ist der soziale Wert- und Achtungsanspruch des Menschen geschützt, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (vgl. BVerfGE 27, 1 <6>; 45, 187 <228>). Menschenwürde in diesem Sinne ist auch dem eigen, der auf Grund seines körperlichen oder geistigen Zustands nicht sinnhaft handeln kann. Selbst durch "unwürdiges" Verhalten geht sie nicht verloren. Sie kann keinem Menschen genommen werden. Verletzbar ist aber der Achtungsanspruch, der sich aus ihr ergibt (vgl. BVerfGE 87, 209 <228>).
b) Für die Strafrechtspflege bedeutet das Gebot zur Achtung der Menschenwürde insbesondere, dass grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen verboten sind. Der Täter darf nicht zum bloßen Objekt der Verbrechensbekämpfung unter Verletzung seines verfassungsrechtlich geschützten sozialen Wert- und Achtungsanspruchs gemacht werden (BVerfGE 45, 187 <228> m.w.N.). Die grundlegenden Voraussetzungen individueller und sozialer Existenz des Menschen müssen auch dann erhalten bleiben, wenn der Grundrechtsberechtigte seiner freiheitlichen Verantwortung nicht gerecht wird und die Gemeinschaft ihm wegen begangener Straftaten die Freiheit entzieht. Aus Art. 1 Abs. 1 GG folgt die Verpflichtung des Staates, auch die Freiheitsentziehung menschenwürdig auszugestalten. Mit der Garantie der Menschenwürde wäre es unvereinbar, wenn der Staat für sich in Anspruch nehmen würde, den Menschen zwangsweise seiner Freiheit zu entkleiden, ohne dass zumindest die Chance für ihn bestehen würde, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden (vgl. BVerfGE 45, 187 <229>).
Für die Androhung und Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe hat das Gericht entschieden, dass diese ihre verfassungsrechtlich notwendige Ergänzung in einem sinnvollen Behandlungsvollzug findet. Die Vollzugsanstalten sind im Blick auf die Grundrechte der eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßenden Gefangenen verpflichtet, schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs, vor allem deformierenden Persönlichkeitsveränderungen, die die Lebenstüchtigkeit ernsthaft in Frage stellen und es ausschließen, dass sich der Gefangene im Falle einer Entlassung aus der Haft im normalen Leben noch zurechtzufinden vermag, im Rahmen des Möglichen zu begegnen (vgl. BVerfGE 64, 261 <272 f.>). Schädlichen Wirkungen für die körperliche und geistige Verfassung des Gefangenen ist im Rahmen des Möglichen entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 64, 261 <277>).
c) Diese Maßstäbe gelten auch für die Unterbringung von Straftätern in der Sicherungsverwahrung. Die Menschenwürde wird auch durch eine langdauernde Unterbringung nicht verletzt, wenn diese wegen fortdauernder Gefährlichkeit des Untergebrachten notwendig ist. Es ist der staatlichen Gemeinschaft nicht verwehrt, sich gegen gefährliche Straftäter durch Freiheitsentzug zu sichern (vgl. BVerfGE 45, 187 <242>). Die vom Grundgesetz vorgegebene Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit des Individuums rechtfertigen es, unabdingbare Maßnahmen zu ergreifen, um wesentliche Gemeinschaftsgüter vor Schaden zu bewahren.
Erforderlich ist aber auch in diesen Fällen, die Eigenständigkeit des Untergebrachten zu wahren, seine Würde zu achten und zu schützen. Daher muss die Sicherungsverwahrung ebenso wie der Strafvollzug darauf ausgerichtet sein, die Voraussetzungen für ein verantwortliches Leben in Freiheit zu schaffen.
Auch im Rahmen der Sicherungsverwahrung ist auf eine Resozialisierung des Untergebrachten hinzuwirken. Dies mag angesichts verfestigter krimineller Neigungen der Betroffenen schwieriger sein als bei Strafgefangenen. Dennoch fordert der Schutz der Menschenwürde gesetzliche Vorgaben sowie Vollzugskonzepte, die den Untergebrachten eine reelle Chance auf Wiedergewinnung ihrer Freiheit einräumen.
2. Diesem Maßstab genügt die Sicherungsverwahrung in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung.
a) Die Sicherungsverwahrung wegen fortdauernder Gefährlichkeit verstößt mit Blick auf die Gemeinschaftsgebundenheit des Individuums nicht gegen das Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG.
Das Grundgesetz hat die Spannung Individuum - Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person entschieden, ohne dabei deren Eigenwert anzutasten (vgl. BVerfGE 4, 7 <15 f.>). Vor diesem Menschenbild ist die Sicherungsverwahrung auch als Präventivmaßnahme zum Schutz der Allgemeinheit mit dem Grundgesetz vereinbar. Hierdurch wird der Betroffene nicht zum Objekt staatlichen Handelns; er wird nicht zu einem bloßen Mittel oder zu einer vertretbaren Sache herabgewürdigt.
b) Für das Institut der Sicherungsverwahrung folgt aus Art. 1 Abs. 1 GG kein verfassungsrechtliches Gebot, schon bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung oder in einem späteren Überprüfungszeitpunkt eine Höchstfrist des Vollzugs festzusetzen. Denn die Prognose einer Gefahr ist immer nur in der Gegenwart für die Zukunft möglich. Wie lange diese Gefahr fortbestehen wird, hängt von zukünftigen Entwicklungen ab, die sich nicht sicher vorhersagen lassen. Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber vorsieht, dass eine verbindliche Entscheidung über den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt beim Sicherungsverwahrten nicht im Vorhinein getroffen wird.
aa) Das Gesetz stellt Überprüfungen in jedem Vollzugsstadium der Maßregel sicher, die zur Freilassung des Betroffenen führen können: Gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 StGB muss das Gericht vor dem Ende des Strafvollzugs prüfen, ob von dem Verurteilten unter Berücksichtigung seiner Entwicklung im Strafvollzug nach Strafende noch eine Gefahr ausgeht, die den Vollzug der Sicherungsverwahrung gebietet (vgl. BVerfGE 42, 1 <6 ff.>). Nach Beginn der Unterbringung wird im Abstand von höchstens zwei Jahren (§ 67e Abs. 2 StGB) von Amts wegen untersucht, ob der Maßregelvollzug gemäß § 67d Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht gemäß § 67d Abs. 3 StGB die Maßregel für erledigt, sofern nicht die qualifizierte Gefahr fortbesteht. Sollte eine Entlassung des Verwahrten dennoch nicht möglich sein, ist anschließend jeweils spätestens vor dem Ablauf von zwei Jahren über die Notwendigkeit weiterer Vollstreckung zu entscheiden (§ 67e StGB).
Dieses System wiederkehrender Überprüfungen von Aussetzungs- und Erledigungsreife gewährleistet dem Betroffenen die angemessene prozedurale Rechtssicherheit. Der Sicherungsverwahrte kann bereits vor Vollstreckungsbeginn voraussehen, zu welchen Zeitpunkten - Ende der Freiheitsstrafe, Zehnjahresfrist, im Übrigen alle zwei Jahre - sich seine Chance auf Entlassung realisieren kann. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass nach Ablauf von zehn Jahren nach dem Willen des Gesetzgebers die Erledigung der Sicherungsverwahrung die Regel und eine Fortdauer nur ausnahmsweise gestattet ist (s. unten C. II. 2. b). Das genügt den Anforderungen des Art. 1 Abs. 1 GG.
bb) Die Angaben der Landesregierungen im vorliegenden Verfahren bestätigen die Wirksamkeit der normativen Vorgaben. Auch wenn diesen Angaben nur partielle Erhebungen über einen begrenzten Zeitraum zugrunde liegen und eine repräsentative Datenbasis nach einheitlichen Maßstäben bislang fehlt, lassen sie doch den Schluss zu, dass die Sicherungsverwahrten eine konkrete und realisierbare Chance haben, aus der Sicherungsverwahrung entlassen zu werden.
Allerdings wird die Sicherungsverwahrung nur selten vor Beginn des Maßregelvollzugs zur Bewährung ausgesetzt. Dagegen führt die regelmäßige Überprüfung der Sicherungsverwahrung nach Vollstreckungsbeginn, wenn auch mit regionalen Schwankungen, häufig zu Entscheidungen über die Aussetzung der Sicherungsverwahrung.
c) Die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Sicherungsverwahrung sind darauf ausgelegt, schädlichen Wirkungen für die körperliche und geistige Verfassung des Gefangenen im Rahmen des Möglichen entgegenzuwirken.
aa) Die Sicherungsverwahrung verstößt nicht wegen möglicher Haftschäden gegen Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. für die lebenslange Freiheitsstrafe BVerfGE 45, 187 <237 ff.>). Auch neuere Forschungen zu den Auswirkungen langjährigen Freiheitsentzugs (vgl. zusammenfassend Weber, Die Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe, 1. Aufl., S. 88 ff.) belegen nicht, dass die Maßregel der Sicherungsverwahrung zwangsläufig zu irreparablen Schäden psychischer oder physischer Art führt. Gesundheitliche Beeinträchtigungen auf Grund langjährigen Strafvollzugs sind zwar nicht ausgeschlossen; Gesetz und Vollzugspraxis steuern solchen Schäden jedoch entgegen.
bb) Die unbefristete Sicherungsverwahrung findet ihre verfassungsrechtlich notwendige Ergänzung in einem sinnvollen Behandlungsvollzug (vgl. BVerfGE 45, 187 <237 ff.>; 98, 169 <200 f.>).
Die Sicherungsverwahrung ist normativ wie tatsächlich am Resozialisierungsgedanken ausgerichtet. Das Vollzugsziel der Resozialisierung (§ 2 Satz 1 StVollzG) gilt auch für Strafgefangene, gegen die anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet ist. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken (§ 3 Abs. 2 StVollzG). Speziell für den Sicherungsverwahrten ordnet § 129 Satz 2 StVollzG an, ihm sei zu helfen, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. Nach § 131 StVollzG sollen eine besondere Ausstattung der Hafträume und sonstige privilegierte Haftbedingungen dazu beitragen, dass der Untergebrachte sein Leben in der Anstalt sinnvoll gestalten kann und vor Schäden eines langen Freiheitsentzugs möglichst bewahrt wird. Spezielle Vergünstigungen normieren § 132 StVollzG (eigene Kleidung und Bettwäsche) sowie § 133 StVollzG (Recht auf Selbstbeschäftigung, Mindesttaschengeld). Im Übrigen gelten die allgemeinen Hafterleichterungen der §§ 10, 11 und 13 StVollzG auch für Sicherungsverwahrte. Das Gebot des Allgemeinschutzes schließt es nicht aus, Vollzugslockerungen und Urlaub Sicherungsverwahrten unter denselben materiellen Bedingungen zu gewähren wie sonstigen Gefangenen.
Das Maßregelrecht des Strafgesetzbuchs sieht eine Therapie des Hangtäters nicht ausdrücklich vor. Jedoch normiert § 67a Abs. 2 StGB die Möglichkeit, den Sicherungsverwahrten nachträglich in den Vollzug der Maßregeln aus § 63 StGB oder § 64 StGB zu überweisen, wenn seine Resozialisierung dadurch besser gefördert werden kann. Insoweit gibt das Gesetz der klinischen Behandlung des Hangtäters Vorrang vor seiner Verwahrung. Eine strafvollzugsrechtliche Behandlungsform enthält § 9 StVollzG, der die - neuerdings obligatorische - Verlegung von Sexualstraftätern in eine sozialtherapeutische Anstalt vorsieht.
cc) Die Angaben der Landesregierungen zur tatsächlichen Durchführung der Sicherungsverwahrung lassen ebenfalls nicht den Schluss zu, dass es sich bei der Sicherungsverwahrung um einen reinen Verwahrvollzug gefährlicher Straftäter handelt. Im Rahmen des Möglichen werden dem in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten gegenüber dem regulären Strafvollzug größere Freiheiten gewährt, um ihm die lange Dauer der Freiheitsentziehung erträglicher zu machen. Daneben wird dem Resozialisierungsgedanken durch Therapie und Arbeitsangebote Rechnung getragen, mögen auch diese Angebote nur einen Teil der Sicherungsverwahrten erreichen.
Der Anteil der in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten, die sich in psychiatrischer, psychologischer oder sozialtherapeutischer Behandlung befinden, ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich. Während in Baden-Württemberg oder Niedersachsen nur etwa 28 v.H. entsprechend betreut werden, befinden sich z.B. in Nordrhein-Westfalen 69 v.H. in Behandlung, davon allein 60 v.H. in psychologischer Behandlung. In Hamburg, Hessen und Schleswig-Holstein liegt der Anteil bei über 40 v.H. Sehr viel höher ist demgegenüber der Anteil der in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten, die eine Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung, Ausbildung oder Weiterbildung wahrnehmen. Dieser liegt häufig bei über 60 v.H. der Untergebrachten, teilweise sogar bei 76 v.H.
Als Gründe dafür, dass Therapie-, Beschäftigungs- oder Ausbildungsmöglichkeiten von einem Teil der Sicherungsverwahrten nicht wahrgenommen werden, werden Alter, Krankheit, Verweigerung und fehlende Motivation genannt. Darüber hinaus wird auf fehlende Eignung der Untergebrachten, Leugnen der Tat oder Sicherheitsgründe hingewiesen.
dd) Die Anfrage bei den Landesregierungen zur vollstreckungs- und vollzugsrechtlichen Handhabung der Sicherungsverwahrung hat ergeben, dass diese nicht über einheitliches statistisches Material verfügen. Grundsätzlich erscheint es bedenklich, dass auch dann, wenn schwere Grundrechtseingriffe in Frage stehen, Unklarheiten in der Bewertung von Tatsachen zu Lasten der Grundrechtsträger gehen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>). Um auszuschließen, dass es sich bei der Sicherungsverwahrung um einen reinen Verwahrvollzug gefährlicher Straftäter handelt oder diese Maßregel sich entgegen den gesetzlichen Vorgaben dazu entwickelt, bedarf es daher regelmäßiger nachvollziehbarer Überprüfung, dass die in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten allgemein nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich eine konkrete und realisierbare Chance haben, die Freiheit wieder zu erlangen. Das schließt Erhebungen darüber ein, ob den Sicherungsverwahrten hinreichende Resozialisierungsangebote, insbesondere Behandlungs-, Therapie- oder Arbeitsmöglichkeiten, angeboten werden.
Ein Verstoß gegen das Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG liegt ebenfalls nicht vor. Die angegriffene Regelung der Sicherungsverwahrung stellt unter Berücksichtigung der nachfolgenden Erwägungen eine verfassungskonforme Grundrechtseinschränkung (Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG) dar.
1. Die Neuregelung des § 67d Abs. 3 StGB tastet das Freiheitsgrundrecht nicht in seinem Wesensgehalt an (Art. 19 Abs. 2 GG).
Der unantastbare Wesensgehalt eines Grundrechts muss für jedes Grundrecht aus seiner besonderen Bedeutung im Gesamtsystem der Grundrechte ermittelt werden (vgl. BVerfGE 22, 180 <219>). Selbst der lebenslange Freiheitsentzug ist mit Art. 19 Abs. 2 GG nicht grundsätzlich unvereinbar (vgl. für die lebenslange Freiheitsstrafe BVerfGE 45, 187 <270 f.>). Der schwerwiegende Grundrechtseingriff, den die möglicherweise lebenslange Verwahrung bedeutet, verstößt nicht gegen die Wesensgehaltsgarantie, solange gewichtige Schutzinteressen Dritter den Eingriff zu legitimieren vermögen und insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist (vgl. BVerfGE 22, 180 <219 f.>).
Diesem verfassungsrechtlichen Maßstab genügt die Neuregelung des § 67d Abs. 3 StGB. Die unbefristete Sicherungsverwahrung war bei Entstehung des Grundgesetzes in das Strafgesetzbuch inkorporiert, ohne dass der Verfassungsgesetzgeber - ähnlich wie für die lebenslange Freiheitsstrafe - einen Widerspruch zu Art. 19 Abs. 2 GG in Erwägung gezogen hätte. Überdies erlaubt das Gesetz die Fortdauer des Maßregelvollzugs nach Ablauf von zehn Jahren nur, wenn dadurch schwere Schäden an der seelischen oder körperlichen Integrität potentieller Opfer verhindert werden können. Damit benennt das Gesetz Schutzgüter, die prinzipiell geeignet sind, auch weit reichende Eingriffe in das Freiheitsrecht von Straftätern zu rechtfertigen, die diese Schutzgüter gefährden.
2. Die Freiheit der Person nimmt - als Grundlage und Voraussetzung der Entfaltungsmöglichkeiten des Bürgers - einen hohen Rang unter den Grundrechten ein. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG sie als "unverletzlich" bezeichnet, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ihre Beschränkung nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes zulässt und Art. 104 Abs. 2 bis 4 GG die Einhaltung besonderer Verfahrensgarantien fordert (vgl. BVerfGE 35, 185 <190>). Eingriffe in dieses Rechtsgut sind im Allgemeinen nur zulässig, wenn der Schutz anderer oder der Allgemeinheit dies unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordert (vgl. BVerfGE 90, 145 <172>). Dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen ist der Freiheitsanspruch des Untergebrachten als Korrektiv entgegenzuhalten; beide sind im Einzelfall abzuwägen.
a) Bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der erstrebten Ziele sowie bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Einschätzung und Prognose der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahren steht dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu, welcher vom Bundesverfassungsgericht je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann (BVerfGE 90, 145 <173>). Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Streichung der Höchstfrist für die erstmalige Sicherungsverwahrung für geeignet und erforderlich gehalten hat, um den Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern zu verbessern.
Ob die Verschärfung des Rechts der Sicherungsverwahrung durch einen objektiven Anstieg der Gewaltkriminalität veranlasst war oder - wie manche Kritiker meinen - nur einem gesteigerten Bedrohungsgefühl der Allgemeinheit Rechnung trug, ist vom Bundesverfassungsgericht nicht zu bewerten. Denn es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner kriminalpolitischen Vorstellungen und Ziele im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Verfassungsgerichtlicher Korrektur unterliegen insoweit nur offensichtlich fehlsame Entscheidungen des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 30, 292 <317>; 77, 84 <106>); davon kann hier nicht die Rede sein.
Die Unsicherheiten der Prognose, die Grundlage der Unterbringung ist (vgl. Dünkel/Kunkat, Neue Kriminalpolitik, 2001, S. 16 <17 f.>; Adams, StV 2003, S. 51 <53>; Kinzig, NJW 2001, S. 1455 <1458>; Ullenbruch, NStZ 2001, S. 292 <295>; Nedopil, NStZ 2002, S. 344 <349>; Streng, in: Festschrift für Lampe, S. 611 <621 f.>), haben Auswirkungen auf die Mindestanforderungen an Prognosegutachten und deren Bewertung im Zusammenhang mit dem Übermaßverbot (dazu unten C. II. 2. b), beseitigen aber weder die Eignung noch die Erforderlichkeit des Freiheitseingriffs. Prognoseentscheidungen bergen stets das Risiko der Fehlprognose, sind im Recht aber gleichwohl unumgänglich. Die Prognose ist und bleibt als Grundlage jeder Gefahrenabwehr unverzichtbar, mag sie auch im Einzelfall unzulänglich sein.
In der Praxis der forensischen Psychiatrie hat sich im Übrigen das Wissen um die Risikofaktoren in den letzten Jahren erheblich verbessert, so dass über einen Teil der Delinquenten relativ gute und zuverlässige prognostische Aussagen gemacht werden können (vgl. Nedopil, NStZ 2002, S. 344 <346>). Beide in der mündlichen Verhandlung angehörten Sachverständigen haben übereinstimmend angegeben, ein bestimmter und bestimmbarer Anteil der Probanden versammele eine derartige Häufung von Risikofaktoren auf sich, dass eine Gefahr sicher prognostiziert werden könne. Auch wenn der Anteil relativ sicherer Prognosen von den sachverständigen Auskunftspersonen unterschiedlich hoch angesehen wird, bildet die Prognose gerade für die seltenen Fälle hochgradiger Gefährlichkeit, die § 67d Abs. 3 StGB im Auge hat, eine taugliche Entscheidungsgrundlage.
Gegen die Erforderlichkeit der Aufhebung der Höchstfrist für die Sicherungsverwahrung bestehen ungeachtet möglicher Schutzalternativen von Verfassungs wegen keine Bedenken. Der Freiheitsentzug durch unbefristete Sicherungsverwahrung bietet im Einzelfall offensichtlich einen höheren Schutz als jede denkbare Behandlungsmaßnahme unter gelockerter Aufsicht.
b) Das Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen verlangt nach gerechtem und vertretbarem Ausgleich. Je länger die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung andauert, umso strenger sind die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs. Die Grenzen der Zumutbarkeit müssen gewahrt bleiben. Dabei gilt es, das Freiheitsgrundrecht der Betroffenen sowohl auf der Ebene des Verfahrensrechts als auch materiell abzusichern (vgl. BVerfGE 70, 297 ff.).
aa) Materiell fordert das Übermaßverbot, die Sicherungsbelange und den Freiheitsanspruch des Untergebrachten im Einzelfall abzuwägen (vgl. BVerfGE 70, 297 <311>). Der Richter hat im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung die von dem Täter ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob und welche Art rechtswidriger Taten von dem Untergebrachten drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt. Je länger die Unterbringung andauert, umso strenger sind die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs. Der Einfluss des gewichtiger werdenden Freiheitsanspruchs stößt jedoch dort an Grenzen, wo es nach Art und Maß der von dem Untergebrachten drohenden Gefahren vor dem staatlichen Schutzauftrag für die Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar erscheint, den Untergebrachten in Freiheit zu entlassen (vgl. BVerfGE 70, 297 <315>).
Diesen Maßgaben trägt der Gesetzgeber in § 67d Abs. 3 StGB Rechnung, indem er die Fortdauer der Sicherungsverwahrung nach Ablauf von zehn Jahren an deutlich engere Voraussetzungen knüpft als die vorangegangenen Entscheidungen gemäß §§ 66, 67c und 67d Abs. 2 StGB. Insoweit werden auch die Grenzen der Prognosesicherheit bei der Feststellung der Gefährlichkeit langjährig inhaftierter Straftäter berücksichtigt.
Die Vorschrift des § 67d Abs. 3 StGB trägt der verstärkten Geltung des Freiheitsanspruchs nach zehnjähriger Verwahrdauer in mehrfacher Hinsicht Rechnung. Zum einen stellt die Regelung gegenüber § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB erhöhte Anforderungen an das bedrohte Rechtsgut und die drohenden Straftaten. Zum anderen begründet § 67d Abs. 3 StGB ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, indem er regelmäßig Erledigung anordnet und nur ausnahmsweise für den Fall einer positiven Gefahrenprognose Fortsetzung der Vollstreckung gestattet.
(1) Voraussetzung für die Anordnung der Sicherungsverwahrung ist gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB ein Hang des Straftäters "zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird". Demgegenüber hängt nach § 67d Abs. 3 StGB die Fortdauer der Unterbringung nach zehn Jahren davon ab, ob eine hangbedingte Gefahr künftiger Straftaten festgestellt wird, "durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden". Im Ergebnis bleibt die Regelung so auf Sexual- und Gewalttäter beschränkt, die durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1, 2 GG geschützte Rechtsgüter Dritter zu verletzen drohen. Bei gewaltfreien Vermögens- und Eigentumsdelikten ist die Sicherungsverwahrung dagegen auf zehn Jahre begrenzt. Damit steht die Möglichkeit über zehnjähriger Sicherungsverwahrung schon von Gesetzes wegen nur in Fällen zur Verfügung, in denen elementare Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit sie zwingend rechtfertigen. Um diesem Ausnahmecharakter Rechnung zu tragen, müssen die Gerichte die Tatbestandsmerkmale des § 67d Abs. 3 StGB mit Blick auf das Freiheitsgrundrecht des Untergebrachten zudem restriktiv handhaben.
(2) Darüber hinaus berücksichtigt das Gesetz die mit der Verwahrdauer wachsende Bedeutung des Freiheitsrechts, indem § 67d Abs. 3 StGB die Fortsetzung der Unterbringung als Ausnahme vom Regelfall der Erledigung normiert. Während eine Maßregelaussetzung nach § 67d Abs. 2 StGB bei positiver Erwartung künftiger Ungefährlichkeit zulässig ist, setzt die Fortdauerentscheidung gemäß § 67d Abs. 3 StGB die Überzeugung des Gerichts voraus, dass der Verurteilte weiterhin gefährlich ist. Damit kehrt die Neuregelung das Regel-Ausnahmeverhältnis aus § 67d Abs. 2 StGB um. Die Erledigung der Maßregel wird nicht von einer positiven, sondern ihr Fortbestand von einer negativen Prognose abhängig gemacht.
Das Gesetz geht davon aus, dass sich die Gefährlichkeit nach Ablauf von zehn Jahren regelmäßig erledigt hat (vgl. Streng, in: Festschrift für Lampe, S. 611 <633> m.w.N.). Damit verbietet sich die schlichte Fortschreibung unwiderlegter Gefährlichkeitshypothesen. Vielmehr müssen konkrete und gegenwärtige Anhaltspunkte dafür festgestellt werden, dass die Gefährlichkeit entgegen der gesetzlichen Vermutung fortbesteht. Zweifelt das Gericht an der Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten, so ist zugunsten des Untergebrachten die Sicherungsverwahrung für erledigt zu erklären. Eine Fortsetzung der Maßregel jenseits der Zehnjahresgrenze kommt nur bei demjenigen in Betracht, dessen nunmehr vermutete Ungefährlichkeit widerlegt ist.
Es würde dem Gesetzeswortlaut und dem hohen Wert des Freiheitsgrundrechts widersprechen, eine Erledigung nur bei festgestellter Ungefährlichkeit auszusprechen. Die Erledigung steht nach zehn Jahren stets an erster Stelle. Dahinter rangiert die Aussetzung, die gegenüber der weiteren Vollstreckung das mildere Mittel darstellt. Erst an letzter Stelle ist als ultima ratio die weitere Vollstreckung zulässig. Dies gilt nicht nur für die erstmals angeordnete, sondern auch für die wiederholte Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Insofern mildert die Reform das frühere Recht sogar ab (vgl. § 67d Abs. 1 StGB a.F.).
(3) Hat das Vollstreckungsgericht unter den erläuterten strengen Voraussetzungen entschieden, dass die Sicherungsverwahrung wegen fortbestehender qualifizierter Gefährlichkeit des Betroffenen über zehn Jahre hinaus anzudauern hat, so verstößt die weitere Freiheitsentziehung grundsätzlich auch dann nicht gegen das Übermaßverbot, wenn diese Entscheidung mangels Besserung des Betroffenen mehrfach wiederholt wird. Die Regelung des § 67d Abs. 3 StGB erfasst auch den chronisch unverbesserlichen Hangtäter, der sich dauerhaft jeder Behandlung verweigert und ungeachtet fortschreitenden Alters bis an sein Lebensende gefährlich bleibt. Im Interesse der Allgemeinheit gestattet § 67d Abs. 3 StGB ohne Verfassungsverstoß seine möglicherweise über mehrere Jahrzehnte andauernde Verwahrung. Dass in diesem Fall das Resozialisierungsziel des Strafvollzugs nicht mehr zum Tragen kommt, beruht nicht auf der Anordnung der Sicherungsverwahrung, sondern auf dem Verhalten des Betroffenen, das eine erfolgreiche Resozialisierung auf Dauer ausschließt (vgl. für die lebenslange Freiheitsstrafe BVerfGE 45, 187 <258>).
bb) Verfahrensrechtlich muss zunächst gewährleistet sein, dass der Strafvollstreckungsrichter die Notwendigkeit weiterer Maßregelvollstreckung regelmäßig überprüft. Hinzu treten Anforderungen an die Wahrheitserforschung, insbesondere an die der Unterbringung zugrunde liegenden Prognosegutachten. Es ist unverzichtbare Voraussetzung rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf ausreichender richterlicher Sachaufklärung beruhen. Dabei steigen die Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung mit der Dauer des Maßregelvollzugs. Insbesondere bei länger dauernder Unterbringung besteht regelmäßig die Pflicht, bei richterlichen Entscheidungen über die Fortdauer der Sicherungsverwahrung einen besonders erfahrenen Sachverständigen zu Rate zu ziehen, der die richterliche Prognose durch ein hinreichend substantiiertes und zeitnahes Gutachten vorbereitet (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>). Überdies ist dem Untergebrachten von Verfassungs wegen jedenfalls dann ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn es nach der konkreten Fallgestaltung als evident erscheint, dass er sich angesichts seiner Erkrankung nicht selbst verteidigen kann (vgl. BVerfGE 70, 297 <323>).
Diesen hohen verfahrensrechtlichen Anforderungen genügt die gegenwärtige Regelung der Sicherungsverwahrung in §§ 66 ff. StGB. Der Gesetzgeber hat ein System regelmäßiger Überprüfung von Aussetzungs- oder Erledigungsreife sowie die Voraussetzungen für eine sorgfältige Aufklärung der Prognosegrundlage geschaffen <(1) bis (3)>. Bei Anwendung dieser Vorschriften muss der Richter jedoch bestimmten Sorgfaltsanforderungen genügen, um dem Übermaßverbot zu entsprechen <(4)>.
(1) Als "letztes Mittel" wird die Sicherungsverwahrung nach der Freiheitsstrafe vollzogen. Gemäß § 67c Abs. 1 StGB prüft das Gericht bereits vor dem Ende des Strafvollzugs, ob der Zweck der Maßregel die Unterbringung noch erfordert oder ob die Maßregel ausgesetzt werden kann. Insoweit steht die dem Strafurteil zugrunde liegende Gefährlichkeitsprognose unter der "auflösenden Bedingung" einer abweichenden Beurteilung durch das Vollstreckungsgericht, dem die Möglichkeit eingeräumt ist, die bei Urteilsfällung gestellte Prognose auf Grund der zwischenzeitlichen Entwicklung nachträglich zu revidieren (vgl. BVerfGE 42, 1 <8>). In diesem Verfahren ist der Untergebrachte regelmäßig mündlich zu hören (§ 463 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 454 Abs. 1 StPO). Erwägt das Gericht die Aussetzung der Maßregel, so holt es ein Gutachten über das Fortbestehen der Gefährlichkeit ein (§ 463 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 454 Abs. 2 StPO) und hört den Sachverständigen ebenfalls mündlich an. Hierbei haben der Untergebrachte und sein Verteidiger Gelegenheit, Fragen an den Sachverständigen zu stellen und Erklärungen abzugeben (§ 463 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO).
(2) Nach Beginn der Unterbringung wird im Abstand von höchstens zwei Jahren von Amts wegen untersucht, ob der Maßregelvollzug gemäß § 67d Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann (§ 67e StGB). Das Gericht kann die Frist kürzen (§ 67e Abs. 3 Satz 1 StGB); der Untergebrachte kann jederzeit Aussetzung beantragen, falls das Gericht keine Sperrfrist für die Überprüfung festgesetzt hat (§ 67e Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 StGB). Für die Überprüfung gelten gemäß § 463 Abs. 3 Satz 1 und 3 StPO die gleichen Verfahrensgarantien wie bei der Erstüberprüfung nach § 67c Abs. 1 StGB.
(3) An die Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 StGB über Erledigung oder Fortdauer des Maßregelvollzugs nach Ablauf von zehn Jahren stellt das Gesetz erhöhte verfahrensrechtliche Anforderungen: Das Gericht hat in jedem Fall ein Prognosegutachten einzuholen und dem nicht verteidigten Untergebrachten einen Pflichtverteidiger zu bestellen (§ 463 Abs. 3 Satz 4 und 5 StPO). Bei der obligatorischen mündlichen Anhörung des Sachverständigen stehen dem Untergebrachten sowie seinem Verteidiger ein Frage- und Erklärungsrecht zu (§ 463 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO). Hat das Gericht die Fortdauer des Maßregelvollzugs über zehn Jahre hinaus beschlossen, so muss es weiterhin vor Ablauf von zwei Jahren über die Notwendigkeit weiterer Vollstreckung entscheiden (§ 67e StGB). Hierbei gelten jeweils die erhöhten Verfahrensgarantien des § 463 Abs. 3 Satz 4 und 5 StPO.
(4) Die Entscheidung über die Fortdauer der Sicherungsverwahrung gemäß § 67d Abs. 3 StGB hat sich auf ein Sachverständigengutachten zu stützen, das der besonderen Tragweite und dem Ausnahmecharakter dieser Entscheidung gerecht wird. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass das ärztliche Gutachten hinreichend substantiiert ist und anerkannten wissenschaftlichen Standards genügt. Der Gefahr repetitiver Routinebeurteilungen muss der Richter durch eine sorgfältige Auswahl des Gutachters entgegenwirken. So wird es - wenngleich dies § 463 Abs. 3 Satz 4 StPO nicht ausdrücklich vorsieht - regelmäßig geraten sein, einen externen Sachverständigen mit der Begutachtung zu beauftragen, um auszuschließen, dass anstaltsinterne Belange oder die Beziehung zwischen Therapeuten und Untergebrachtem das Gutachten beeinflussen (vgl. Horstkotte, in: LK, StGB, 10. Aufl., § 67c Rn. 64, § 67d Rn. 93). Des Weiteren kann es angezeigt sein, den Untergebrachten von einem Sachverständigen begutachten zu lassen, der im Lauf des Vollstreckungsverfahrens noch nicht mit ihm befasst war. Schließlich gilt es sicherzustellen, dass der Sachverständige ausreichend Zeit und Gelegenheit erhält, den Untergebrachten zu untersuchen (vgl. BGH, NStZ 1994, S. 95 <96>) und das Tatsachenmaterial aufzubereiten, auf dessen Grundlage die Prognose erstellt wird.
Nach sachverständiger Beratung hat der Richter eine eigenständige Prognoseentscheidung zu treffen, bei der er dem ärztlichen Gutachten richterliche Kontrolle entgegenzusetzen hat (vgl. BVerfGE 58, 208 <223>; 70, 297 <310>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. September 1991 - 2 BvR 1327/89 -, StV 1992, S. 25 <26>). Diese Kontrolle hat sich nicht nur auf das Prognoseergebnis, sondern auch auf die Qualität der gesamten Prognosestellung zu beziehen. Dabei müssen die Gutachter die für die Begutachtung maßgeblichen Einzelkriterien regelmäßig in einem sorgfältigen Verfahren erheben, das die Auswertung des Aktenmaterials, die eingehende Untersuchung des Probanden und die schriftliche Aufzeichnung des Gesprächsinhalts und des psychischen Befundes umfasst und dessen Ergebnisse von einem Facharzt mit psychiatrischer Ausbildung und Erfahrung gewichtet und in einen Gesamtzusammenhang eingestellt werden (vgl. Kröber, NStZ 1999, S. 593 <594 ff.>; Nedopil, Forensische Psychiatrie, 2. Aufl., S. 247).
Bevor der Richter das Prognoseergebnis auf Grund eigener Wertung kritisch hinterfragen kann, hat er zu überprüfen, ob das Gutachten bestimmten Mindeststandards genügt. So muss die Begutachtung insbesondere nachvollziehbar und transparent sein (vgl. zum Aufbau des Prognosegutachtens aus der kriminologischen Literatur Kaiser, Kriminologie: ein Lehrbuch, 3. Aufl., Rn. 1802 ff.). Der Gutachter muss Anknüpfungs- und Befundtatsachen klar und vollständig darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen offen legen (vgl. im Einzelnen BGHSt 45, 164 <178 f.>). Auf dieser Grundlage hat er eine Wahrscheinlichkeitsaussage über das künftige Legalverhalten des Verurteilten zu treffen, die das Gericht in die Lage versetzt, die Rechtsfrage des § 67d Abs. 3 StGB eigenverantwortlich zu beantworten.
Neben dem Gebot der Transparenz gilt für das psychiatrische Prognosegutachten das Gebot hinreichend breiter Prognosebasis. Um dem Gericht eine Gesamtwürdigung von Tat und Täter (vgl. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB) zu ermöglichen, muss das Gutachten verschiedene Hauptbereiche aus dem Lebenslängs- und -querschnitt des Verurteilten betrachten. Zu fordern ist insbesondere eine Auseinandersetzung mit dem Anlassdelikt, der prädeliktischen Persönlichkeit, der postdeliktischen Persönlichkeitsentwicklung sowie dem sozialen Empfangsraum des Täters (vgl. Müller-Metz, StV 2003, S. 42 <45>; Nedopil, in: Dölling <Hrsg.>, Die Täterindividualprognose, 1995, S. 89). Darüber hinaus hat der Gutachter bei Vorbereitung der - nach langjährigem Freiheitsentzug zu treffenden - Entscheidung gemäß § 67d Abs. 3 StGB besonderes Augenmerk auf die Frage zu richten, wie sich der Verurteilte bei etwaigen Vollzugslockerungen verhält. Denn gerade das Verhalten anlässlich solcher Belastungserprobungen stellt einen geeigneten Indikator für die künftige Legalbewährung des Verurteilten dar (vgl. Nedopil, NStZ 2002, S. 344 <348 f.>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 1997 - 2 BvR 1404/96 -, NJW 1998, S. 1133 <1134>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1998 - 2 BvR 77/97 -, NStZ 1998, S. 373 <374 f.>).
Wegen der besonderen Bedeutung der Vollzugslockerungen für die Prognosebasis darf sich das Vollstreckungsgericht nicht damit abfinden, dass sich die Vollzugsbehörde ohne hinreichenden Grund - etwa auf der Grundlage bloßer pauschaler Wertungen oder mit dem Hinweis auf eine abstrakte Flucht- oder Missbrauchsgefahr - der Gewährung von Vollzugslockerungen versagt (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1998 - 2 BvR 77/97 -, NStZ 1998, S. 373 <374>), welche die Erledigung der Maßregel vorbereiten können. Bereits bei der Entscheidung über Vollzugslockerungen hat das Vollstreckungsgericht insbesondere die Wertung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, der nur unter den engen Voraussetzungen des § 67d Abs. 3 StGB die Fortsetzung der Vollstreckung erlaubt.
c) Nach der Konzeption, die dem zweispurigen Sanktionensystem des Strafgesetzbuchs zugrunde liegt, dient der Freiheitsentzug des Sicherungsverwahrten nicht der Vergeltung zurückliegender Rechtsgutverletzungen, sondern der Verhinderung zukünftiger Straftaten, deren Eintritt sich zwar sorgfältig, aber regelmäßig nicht sicher prognostizieren lässt. Dieser besondere Charakter der Sicherungsverwahrung tritt bei dauerhafter Unterbringung besonders augenfällig zutage, weil hier der Besserungszweck der Maßregel hinter ihren Sicherungszweck zurücktritt.
Dem muss durch einen privilegierten Vollzug Rechnung getragen werden, wie ihn die §§ 131 bis 134 StVollzG vorzeichnen. Dabei ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass die Sicherungsverwahrung gemäß § 130 StVollzG nach den Vorschriften für den allgemeinen Strafvollzug durchgeführt wird. Da Strafe wie Sicherung nur mit dem Mittel der Freiheitsentziehung durchgeführt werden können, sind stichhaltige Gründe vorhanden, die eine partielle Übereinstimmung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung mit dem der Strafe rechtfertigen (vgl. BVerfGE 2, 118 <119 f.>). Jedoch haben die Landesjustizverwaltungen dafür Sorge zu tragen, dass Möglichkeiten der Besserstellung im Vollzug soweit ausgeschöpft werden, wie sich dies mit den Belangen der Justizvollzugsanstalten verträgt.
Es ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, insoweit konkrete Richtlinien vorzugeben. Im Ergebnis muss jedoch sichergestellt sein, dass ein Abstand zwischen dem allgemeinen Strafvollzug und dem Vollzug der Sicherungsverwahrung gewahrt bleibt, der den allein spezialpräventiven Charakter der Maßregel sowohl dem Verwahrten als auch für die Allgemeinheit deutlich macht. Das Ausmaß der Besserstellung hat sich am Gebot der Verhältnismäßigkeit zu orientieren. Bei besonders langer Unterbringung sind daher gegebenenfalls zusätzliche Vergünstigungen zu erwägen, um dem hoffnungslos Verwahrten einen Rest an Lebensqualität zu gewährleisten.
Die Neuregelung des § 67d Abs. 3 StGB in Verbindung mit Art. 1a Abs. 3 EGStGB verstößt nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Das absolute Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG umfasst die Maßregeln der Besserung und Sicherung des Strafgesetzbuchs nicht.
1. Nach Art. 103 Abs. 2 GG darf eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
Der Anwendungsbereich von Art. 103 Abs. 2 GG ist auf staatliche Maßnahmen beschränkt, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient. Andere staatliche Eingriffsmaßnahmen werden von Art. 103 Abs. 2 GG nicht erfasst. Es genügt nicht, dass eine Maßnahme an ein rechtswidriges Verhalten anknüpft. Daher fällt die rein präventive Maßnahme der Sicherungsverwahrung nicht unter Art. 103 Abs. 2 GG, obwohl sie unmittelbar an eine Anlasstat anknüpft.
a) Die Begriffe "Strafbarkeit" und "Bestrafen einer Tat" lassen verschiedene Auslegungsmöglichkeiten zu. Die strafrechtliche Rechtslage, die das Grundgesetz vorgefunden hat und in dem hier interessierenden Punkt auch nicht ändern wollte, spricht jedoch dafür, dass sich die Gewährleistung des Art. 103 Abs. 2 GG nur auf vergeltende Sanktionen bezieht, bei denen die Übelszufügung mit einer öffentlichen Missbilligung im Sinne einer Feststellung der defizitären Einstellung zur Norm im Rahmen eines Unwerturteils verbunden ist.
Staatliches Strafen wird herkömmlich als ein Übel verstanden, das als gerechter Ausgleich für eine rechtswidrige, schuldhafte und vom Gesetz mit Strafe bedrohte Handlung auferlegt wird und die öffentliche Missbilligung der Tat zum Ausdruck bringt (vgl. BVerfGE 105, 135 <153>; Jescheck, in: LK, StGB, 11. Aufl., Einl. Rn. 23 m.w.N.). Strafe gilt als Ausdruck vergeltender Gerechtigkeit und ist damit Reaktion auf ein normwidriges Verhalten.
Die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten des Begriffs der Strafbarkeit weisen darauf hin, dass aus dem bloßen Wortlaut des Art. 103 Abs. 2 GG sein sachlicher Anwendungsbereich nicht eindeutig festgelegt werden kann.
b) Die Entstehungsgeschichte belegt, dass die Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht vom Schutzbereich des Art. 103 Abs. 2 GG umfasst sind. Das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG sollte nach dem Willen des Grundgesetzgebers denselben Bedeutungsinhalt haben wie die fast wortgleiche Vorgängervorschrift in Art. 116 der Weimarer Reichsverfassung - WRV -. Zur Weimarer Zeit unterfielen die Maßregeln der Besserung und Sicherung jedoch anerkanntermaßen nicht dem absoluten Rückwirkungsverbot. Es gibt keinen Beleg dafür, dass der herkömmliche Gewährleistungsumfang des Art. 116 WRV durch Einführung des Art. 103 Abs. 2 GG erweitert werden sollte.
aa) Schon vor Einführung der Maßregeln der Besserung und Sicherung durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl I S. 995) normierte das Reichsstrafgesetzbuch vereinzelt Rechtsfolgen einer Straftat, die nicht als schuldvergeltende Strafen, sondern als vorbeugende und sichernde Maßnahmen angesehen wurden (so die Polizeiaufsicht gemäß § 38 RStGB, die Aberkennung der Eidesfähigkeit gemäß § 161 RStGB, die Einziehung von Sachen, die weder dem Täter noch dem Teilnehmer gehörten, gemäß § 295 RStGB oder die Überweisung gemeinlästiger Täter an die Landespolizeibehörde gemäß § 362 RStGB). Diesen "sicherungspolizeilichen" Eingriffen durfte der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts rückwirkende Kraft beilegen (vgl. RGSt 52, 225 <226 f.>; 53, 117 <118>; 67, 215 <216>; RGZ 107, 118 <119 f.>). Es gehöre zum Wesen solcher Maßnahmen, dass sie sich auf alle Fälle polizeiwidriger Zustände erstreckten, die zur Zeit ihrer Geltung vorhanden seien (vgl. RGSt 67, 215 <216>).
Auch die Zulässigkeit rückwirkender gesetzlicher Regelungen in Bezug auf Maßregeln der Besserung und Sicherung stand unter Geltung der Weimarer Reichsverfassung im Wesentlichen außer Streit (vgl. Diefenbach, Die verfassungsrechtliche Problematik des § 2 Abs. 4 StGB, S. 31 f.). Schon die Reformentwürfe zum Strafgesetzbuch aus der Weimarer Zeit sahen Normen vor, wonach über Maßregeln nicht nach dem zur Tatzeit gültigen Gesetz, sondern nach aktuell geltendem Recht zu entscheiden war. Bei den Maßregeln sollten die besseren Erkenntnisse, die in einem neuen Gesetz zum Ausdruck kämen, sofort Anwendung finden. Unter Rückgriff auf diese Entwürfe bestimmte der durch Art. 3 des Gewohnheitsverbrechergesetzes geschaffene § 2a StGB a.F., dass über Maßregeln ausnahmslos nicht nach dem Recht der Tatzeit, sondern nach dem Recht des Entscheidungszeitpunkts zu urteilen sei. Die Kommentarliteratur zu § 2a StGB a.F. sah hierin keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot (vgl. Lobe, Leipziger Kommentar zum Reichs-Strafgesetzbuch, Nachtrag zu Band I, 1934, Art. 3 des Gesetzes gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung, Anm. 3).
bb) Bei den Beratungen über das Grundgesetz fand der Verfassungsgeber das dualistische Sanktionensystem des Strafrechts einschließlich der Vorschrift des § 2a StGB a.F. als Teil der Rechtsordnung vor. Hinweise darauf, dass die Zweispurigkeit von Strafe und Maßregel eingeschränkt oder das Rückwirkungsverbot abweichend von der damaligen Rechtsauffassung auf Maßregeln ausgedehnt werden sollte, lassen sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen (vgl. Pieroth, JZ 2002, S. 922 <923>; Diefenbach, Die verfassungsrechtliche Problematik des § 2 Abs. 4 StGB, S. 83 f.; Peglau, NJW 2000, S. 179 <180>; vgl. auch BVerfGE 25, 269 <287 ff.>). Obwohl mehrfach über den Begriff der Strafbarkeit diskutiert und wiederholt eine Abweichung vom Wortlaut des Art. 116 WRV erwogen wurde (vgl. Parlamentarischer Rat, Ausschuss für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, Steno-Prot. der 7. Sitzung vom 6. Dezember 1948, S. 150 ff.; Parlamentarischer Rat, Ausschuss für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, Steno-Prot. der 8. Sitzung vom 7. Dezember 1948, S. 32), knüpfte der Verfassungsgeber an die sprachliche Fassung des Art. 116 WRV an und nahm damit den Bedeutungsgehalt dieser Vorschrift in seinen Willen auf (vgl. Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis zum 23. August 1948, o. J., S. 83).
c) Diese Auslegung steht nicht im Widerspruch zur kompetenzrechtlichen Bedeutung des Begriffs "Strafrecht" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Im Gegensatz zu Art. 103 Abs. 2 GG umfasst der Kompetenztitel des "Strafrechts" aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG die Maßregeln der Besserung und Sicherung als "zweite Spur" des Sanktionensystems. Dieser Bedeutungsunterschied beruht auf den verschiedenen Zwecken beider Grundgesetzbestimmungen. Art. 103 Abs. 2 GG verbietet die rückwirkende Begründung und Verschärfung vergeltender strafrechtlicher Sanktionen und hat damit freiheitsgewährleistende Funktion. Demgegenüber regelt die Kompetenzvorschrift des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG kein subjektives Recht des Einzelnen, sondern die Aufteilung der Gesetzgebungsbefugnisse zwischen Bund und Ländern (vgl. Urteil in den Verfahren 2 BvR 834/02 u.a.).
d) Weitere Überlegungen bestätigen, dass das absolute Rückwirkungsverbot als Spezifikum unter den Garantien der Rechtsstaatlichkeit auf staatliche Maßnahmen beschränkt ist, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient.
aa) Das absolute Rückwirkungsverbot ist in der Menschenwürdegarantie und im Schuldprinzip verankert. Art. 103 Abs. 2 GG geht von dem rechtsstaatlichen Grundsatz aus, dass Strafe Schuld voraussetzt (vgl. BVerfGE 25, 269 <285>; 105, 135 <154>). Dieser Grundsatz wurzelt in der vom Grundgesetz vorausgesetzten und in Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG verfassungskräftig geschützten Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen, die vom Gesetzgeber auch bei der Ausgestaltung des Strafrechts zu achten sind (vgl. BVerfGE 25, 269 <285>). Die unverlierbare Würde des Menschen als Person besteht gerade darin, dass er als selbstverantwortliche Persönlichkeit anerkannt bleibt. Jede Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Straftat und zum Verschulden des Täters stehen; der Grundsatz "nulla poena sine culpa" hat insoweit den Rang eines Verfassungssatzes (vgl. BVerfGE 45, 187 <228>). Auch die Strafe als missbilligende hoheitliche Reaktion auf schuldhaftes Unrecht muss in einem vom Schuldprinzip geprägten Straftatsystem durch eine hinreichend gesetzlich bestimmte Strafandrohung für den Normadressaten vorhersehbar sein (vgl. BVerfGE 105, 135 <153 f.>).
Der strafrechtliche Schuldvorwurf setzt voraus, dass der Maßstab der Entscheidung von vorneherein eindeutig gesetzlich festgelegt ist. Nur wer diesen Maßstab kennen und sich auf die Rechtsfolgen seines Tuns einstellen kann, ist verantwortliches Subjekt. Gerade im Strafrecht, wo ein Unwerturteil über ein eigenverantwortliches Verhalten eines Menschen gefällt wird, hat der Einzelne einen Anspruch auf Gewissheit über die Möglichkeit einer Sanktion (vgl. Dannecker, Das intertemporale Strafrecht, 1993, S. 264).
bb) Die traditionell aus dem nulla-poena-Prinzip abgeleiteten Gewährleistungen (Gesetzlichkeitsprinzip, Bestimmtheitsgebot, Analogieverbot und Rückwirkungsverbot) haben eine gemeinsame Grundlage. Sie sollen dem Einzelnen die Möglichkeit geben, im Bereich des Strafrechts sein Verhalten eigenverantwortlich so einzurichten, dass eine Strafbarkeit vermieden werden kann (vgl. BVerfGE 95, 96 <131>). Zu diesem Zweck verstärken sie die strukturähnlichen Garantieelemente des Rechtsstaatsprinzips. Anders als das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgende allgemeine Vertrauensschutzgebot ist das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG der Abwägung nicht zugänglich. Zugleich entlastet das rechtsstaatliche Vertrauensschutzgebot die Gewährleistung des Art. 103 Abs. 2 GG davon, den Schutz auch in Bezug auf Vorgänge zu erstrecken, die nicht unmittelbar Gegenstand schuldangemessenen Strafens sind. Diese Vorgänge werden hinreichend durch die allgemeinen rechtsstaatlichen Garantien abgesichert (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 103 Abs. 2 Rn. 167).
cc) Normzweck des Art. 103 Abs. 2 GG ist ein erhöhter rechtsstaatlicher Schutz gegenüber spezifisch strafrechtlichen Maßnahmen, mit denen der Staat auf schuldhaftes Unrecht antwortet.
Die Garantie des Art. 103 Abs. 2 GG soll verhindern, dass der Staat nachträglich ein Verhalten hoheitlich missbilligt, indem er es mit einer Sanktion belegt und dem Betroffenen den Vorwurf rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens macht. Sinn der Verfassungsnorm ist es, dem Bürger die Grenzen des straffreien Raumes klar vor Augen zu stellen, damit er sein Verhalten daran orientieren kann (vgl. BVerfGE 32, 346 <362>). Wer sich gesetzestreu verhalten hat, darf nicht durch eine rückwirkende Rechtsnorm nachträglich "ins Unrecht gesetzt" werden (vgl. Maurer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, § 60 Rn. 41). Mithin schützt das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG den Bürger davor, dass der Staat die Bewertung des Unrechtsgehalts einer Tat nachträglich zum Nachteil des Täters ändert (vgl. BVerfGE 46, 188 <193>; 95, 96 <131>), gleichgültig ob er vergangenes Verhalten neu mit Strafe bedroht, eine bestehende Strafdrohung verschärft (vgl. BVerfGE 25, 269 <286>; 46, 188 <192>; 81, 132 <135>) oder auf sonstige Weise - etwa durch Streichung eines Rechtfertigungsgrundes (vgl. BVerfGE 95, 96 <131 f.>) - den Unrechtsgehalt neu bewertet.
2. Strafbarkeit im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG setzt danach voraus, dass das auferlegte materielle Übel mit der Missbilligung vorwerfbaren Verhaltens verknüpft ist (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 103 II Rn. 165; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 10) und von seiner Zielrichtung her (zumindest auch) dem Schuldausgleich dient. Dies trifft für die Maßregel der Sicherungsverwahrung nicht zu.
a) Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung verfolgen im Wesentlichen unterschiedliche Ziele.
aa) Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit Sinn und Zweck des staatlichen Strafens befasst, ohne zu den in der Wissenschaft vertretenen Straftheorien im Einzelnen Stellung zu nehmen. Es kann nicht seine Aufgabe sein, den Theorienstreit in der Strafrechtswissenschaft von Verfassungs wegen zu entscheiden. Der Gesetzgeber hat zu den Strafzwecken ebenfalls nicht abschließend Stellung genommen und sich mit einer begrenzt offenen Regelung begnügt, die keiner der wissenschaftlich anerkannten Theorien die weitere Entwicklung versperrt (vgl. § 46 StGB). Das Gesetz ist dabei weitgehend der so genannten Vereinigungstheorie gefolgt, die sämtliche Strafzwecke in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander zu bringen versucht. Dies hält sich im Rahmen der dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen zukommenden Gestaltungsfreiheit. Demgemäß hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung nicht nur den Strafzweck des Schuldausgleichs betont, sondern auch andere Strafzwecke wie etwa die Prävention oder die Resozialisierung des Täters anerkannt (vgl. BVerfGE 45, 187 <253 f.> m.w.N.; 91, 1 <31>).
Das Schuldprinzip kennzeichnet die Strafe in besonderer Weise. Die Strafe ist eine repressive Übelzufügung als Reaktion auf schuldhaftes Verhalten, die dem Schuldausgleich dient (vgl. BVerfGE 7, 305 <319>; 9, 167 <169>; 20, 323 <331>; 25, 269 <285 f.>; 54, 100 <108>; 58, 159 <162>; 91, 1 <27>; 105, 135 <153>). An dieser zentralen Funktion der Strafe hat sich nichts dadurch geändert, dass der Gesetzgeber im Jahre 1970 mit § 46 StGB ausdrücklich spezialpräventive Strafzumessungsgründe in das Gesetz aufgenommen hat. Grundlage für die Zumessung der Strafe ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB unverändert die Schuld des Täters. Das Maß der individuellen Schuld bildet den Rahmen für die Strafzumessung. Innerhalb dieses Rahmens wird den anerkannten Strafzwecken Raum gegeben, um das Strafmaß im konkreten Fall zu ermitteln (vgl. BVerfGE 91, 1 <31>).
bb) Die Maßregeln der Besserung und Sicherung sollen demgegenüber nach der Konzeption des Gesetzgebers diejenigen Funktionen übernehmen, welche die Strafe wegen ihrer Bindung an die Schuld des Täters nicht ausreichend erfüllen kann (vgl. BVerfGE 91, 1 <31 f.>). Maßregeln dienen insbesondere der Individualprävention, also der Verhinderung zukünftiger Straftaten durch Einwirkung auf den Täter (vgl. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl., § 9 Absatz 1 Nr. 1, S. 83). Diese Einwirkung kann in Form fürsorgender oder heilender Eingriffe (vgl. §§ 63, 64 StGB) geschehen, aber auch - wie im Fall der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) - durch mit Behandlungsangeboten verbundene Verwahrung des Betroffenen, von dem Gefahren ausgehen. Anknüpfend an die Gefährlichkeit des Täters ist allgemeiner Maßregelzweck die Verhütung künftiger Rechtsbrüche des Täters unabhängig davon, ob seine Schuld für sich genommen einen solchen Eingriff rechtfertigen würde.
Die Sicherungsverwahrung dient im Gegensatz zur Strafe nicht dem Zweck, begangenes Unrecht zu sühnen, sondern dazu, die Allgemeinheit vor dem Täter zu schützen (vgl. BVerfGE 2, 118 <120>). Nicht die Schuld, sondern die in der Tat zutage getretene Gefährlichkeit ist bestimmend für die Anordnung, Ausgestaltung und zeitliche Dauer der Maßregel. Die Maßregel ist eine Maßnahme, die Gefahren vorbeugt und in die Zukunft wirken soll.
b) Trotz dieser unterschiedlichen Zielsetzung weist die gesetzliche Ausgestaltung beider Institute zahlreiche Gemeinsamkeiten auf. Diese Gemeinsamkeiten führen jedoch nicht zu einer Einordnung der Sicherungsverwahrung in den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 2 GG. Die Parallelen zwischen Strafe und Sicherungsverwahrung beruhen auf der Überschneidung ihrer präventiven Zwecke. Dagegen ergeben sich Unterschiede daraus, dass der Maßregel im Gegensatz zur Strafe eine repressive Funktion nicht zukommt.
aa) Die Sicherungsverwahrung wird in einem strafgerichtlichen Urteil zugleich mit der Strafe wegen der Anlasstat verhängt. Sie knüpft ebenso wie die Freiheitsstrafe an eine rechtswidrige und schuldhafte Anlasstat an. Diese Verknüpfung verleiht der Sicherungsverwahrung aber keinen Strafcharakter.
Strafe setzt - nur - eine rechtswidrige und schuldhafte Straftat voraus. Dagegen ist die rechtswidrige und schuldhafte Straftat zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Sicherungsverwahrung. Deren Anordnung ist nur dann zulässig, wenn neben vergangenheitsbezogenen Erfordernissen die zukunftsbezogenen Voraussetzungen eines "Hangs zu erheblichen Straftaten" und hangbedingter "Gefährlichkeit" des Täters für die Allgemeinheit erfüllt sind. Der Bezug zur Tat tritt zugunsten einer in die Zukunft gerichteten prognostischen Bewertung zukünftiger Gefährlichkeit in den Hintergrund. Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Anordnung und Durchführung der Maßregeln in § 62 StGB ausdrücklich dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterworfen und dabei sowohl auf die Anlasstat als auch auf die zu erwartenden Taten und den Grad der vom Täter ausgehenden Gefahr als Abwägungsfaktoren Bezug genommen. Die Tat liefert zwar den Anlass für die Anordnung der Sicherungsverwahrung. Die Sicherungsverwahrung stellt aber keine Reaktion auf die in der Anlasstat verwirkte Schuld dar, sondern eine Reaktion auf die sich in der Anlasstat manifestierende Gefährlichkeit des Täters.
bb) Die Schwere des Eingriffs in die Rechtsstellung des Bürgers bildet kein geeignetes Kriterium für die Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs des Art. 103 Abs. 2 GG. Dies ist kein Merkmal, das Strafe oder Bestrafung in spezifischer Weise kennzeichnet.
Ein Vergleich mit anderen hoheitlichen Maßnahmen zeigt eine Reihe massiver Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, denen sicherlich kein Strafcharakter im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG zukommt.
Zu nennen ist hier zunächst die Untersuchungshaft gemäß §§ 112 ff. StPO. Sie ist keine Strafe (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>), weil bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt. Dennoch ist die Inhaftierung des Verdächtigen zur Sicherung des staatlichen Strafverfolgungsanspruchs - unter den Voraussetzungen des § 112a StPO darüber hinaus auch zur Sicherung vor bestimmten künftigen Wiederholungsstraftaten - zulässig (vgl. zur möglichen Dauer der Untersuchungshaft BVerfGE 21, 220 <222>).
Auch das sonstige öffentliche Recht kennt schwerwiegende Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ohne Strafcharakter. Hauptbeispiel ist die landesrechtliche Unterbringung psychisch Kranker wegen Selbst- oder Fremdgefährdung. Ebenso wie die Sicherungsverwahrung kann diese Maßnahme bei Fortbestehen der Gefährlichkeit unbegrenzt verlängert werden (vgl. §§ 70f Abs. 1 Nr. 3, 70i FGG). Darüber hinaus können verwaltungsrechtliche Maßnahmen im Anschluss an eine Bestrafung den Betroffenen im Einzelfall erheblich belasten, ohne dass diese Maßnahmen Art. 103 Abs. 2 GG unterfielen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn einem wegen Betrugs verurteilten Gewerbetreibenden in der Folge mangels Zuverlässigkeit die Gewerbeerlaubnis entzogen (§ 35 GewO), oder wenn ein Ausländer nach Verurteilung ausgewiesen wird (§ 47 AuslG).
cc) Die Ähnlichkeiten in der Ausgestaltung des Vollzugs von Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung (§§ 129 ff. StVollzG; vgl. dazu BVerfGE 2, 118 <119 ff.>) rechtfertigen es nicht, die Sicherungsverwahrung in den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 2 GG einzubeziehen. Die Vollzugspraxis macht die Sicherungsverwahrung nicht zu einem Übel, das ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten vergelten soll. Denn schon der Vollzug der Freiheitsstrafe ist nicht nach repressiven, schuldausgleichenden Gesichtspunkten ausgestaltet. Erst recht gilt dies für den teilweise privilegierten (§§ 131 bis 134 StVollzG) Vollzug der Sicherungsverwahrung.
Während die Schuld des Täters die Verhängung und Bemessung der Freiheitsstrafe bestimmt, hat der Gesetzgeber davon abgesehen, die Schwere der Tatschuld, den Schuldausgleich, die Sühne oder die Verteidigung der Rechtsordnung zu gesetzlichen Kriterien für den Vollzug der Freiheitsstrafe zu erheben (vgl. BTDrucks 7/3998, S. 6). Gemäß § 2 StVollzG dient der Vollzug ausschließlich der Resozialisierung (§ 2 Satz 1 StVollzG) sowie dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten (§ 2 Satz 2 StVollzG). Mithin besteht nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Kongruenz zwischen materiellem Strafrecht und Strafvollzug: Das materielle Strafrecht koppelt zwar die Entscheidung über den Status des Strafgefangenen an seine Schuld, gestaltet den Vollzug der Gefangenschaft aber schuldunabhängig aus.
Gesichtspunkte der Vergeltung und des Schuldausgleichs haben auf die Ausgestaltung des Vollzugs keinen Einfluss. Eine andere Praxis verstieße nicht nur gegen § 2 StVollzG, sondern auch gegen die im Strafgesetzbuch normierte Konzeption der Einheitsstrafe. Der Gesetzgeber hat die nach dem Vergeltungsprinzip abgestuften, durch unterschiedliche Schwere der Vollzugsbedingungen charakterisierten Haftarten Einschließung, Haft, Gefängnis und Zuchthaus abgeschafft. Demzufolge finden Unrechtsgehalt der Tat und Schwere der Schuld nur in der Dauer der Freiheitsstrafe Ausdruck. Nachdem der Richter über diese Dauer entschieden hat, ist es der Vollzugsbehörde verwehrt, bei Ausgestaltung des Vollzugs eine nachträgliche vollzugseigene Strafzumessung zu betreiben.
dd) Die Funktionsüberschneidungen der vollzugs- und vollstreckungsrechtlichen Regelungen für Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung rechtfertigen es nicht, die Sicherungsverwahrung als Bestrafen einer Tat im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG zu charakterisieren.
(1) Im Rahmen der Strafvollstreckung ergeben sich Parallelen zwischen Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung, weil die weitere Vollstreckung zeitiger Freiheitsstrafen nach Verbüßung von zwei Dritteln vor allem zum Schutz der Allgemeinheit zulässig ist (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB). Gleiches gilt bei der lebenslangen Freiheitsstrafe nach Verbüßung von mindestens 15 Jahren (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB). Insoweit nimmt die Strafe an der ausschließlichen Präventivfunktion der Maßregel teil; die Nähe beider Institute beschränkt sich auf die Ebene der Prävention, ohne die Ebene der Repression zu berühren. Der Umstand, dass ab einem gewissen Zeitpunkt die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unter präventiven Gesichtspunkten fortgesetzt wird, wirkt sich nicht auf die Qualität der Sicherungsverwahrung als eines reinen Sicherungsinstruments aus.
(2) Nach § 2 Satz 2 StVollzG dient der Vollzug der Freiheitsstrafe auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Damit spiegelt sich im Vollzug wider, was als Zweck auf der Anordnungsebene verfolgt werden kann: So wie das Gericht im Rahmen der schuldangemessenen Strafzumessung den Strafzweck der Sicherung berücksichtigen darf (vgl. BGHSt 20, 264 <267>), ist diese Sicherung auch Aufgabe des Vollzugs. Dass andererseits nach §§ 129 Satz 2, 134 StVollzG bei Sicherungsverwahrten Resozialisierungsaspekte zu berücksichtigen sind, stellt angesichts der Werteordnung des Grundgesetzes und der Möglichkeit der Aussetzung der Maßregel zur Bewährung eine Selbstverständlichkeit dar. Auf eine vergeltende oder schuldausgleichende Funktion der Sicherungsverwahrung kann hieraus nicht geschlossen werden.
(3) Die Vorschrift des § 67 Abs. 4 Satz 1 StGB sieht bei den freiheitsentziehenden Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB eine - wenn auch beschränkte - Anrechnung der (grundsätzlich) vorweg zu vollziehenden Unterbringung auf die Freiheitsstrafe vor. Aus diesem vikariierenden System des § 67 StGB folgt ebenfalls nicht, dass die Maßregel der Sicherungsverwahrung als Strafe zu qualifizieren wäre.
Freiheitsstrafe und Maßregel verfolgen verschiedene Zwecke. Sie können deshalb auch nebeneinander angeordnet werden. Stehen Freiheitsstrafe und Maßregel nach rechtfertigendem Grund und Zielrichtung nebeneinander, so ist vom Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG her jedenfalls eine volle zeitliche Anrechnung der Unterbringung auf die Freiheitsstrafe nicht geboten. Der Gesetzgeber hat von Verfassungs wegen die Möglichkeit, in Ausübung seiner Gestaltungsfreiheit eine nur teilweise Anrechnung der Zeit des Freiheitsentzugs im Maßregelvollzug auf die Freiheitsstrafe vorzusehen. Allerdings müssen die Regelungen darauf Bedacht nehmen, dass bei der jeweils vorgesehenen Art der Kumulierung die Freiheitsentziehung insgesamt nicht übermäßig wird und Anrechnungsausschlüsse nicht ohne Beziehung zu Grund und Ziel der Unterbringungsmaßregel vorgenommen werden (vgl. BVerfGE 91, 1 <31 f.>).
Diese Erwägungen zeigen, dass die in § 67 Abs. 4 StGB vorgesehene Anrechnung auf allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten und nicht auf dem engeren Gesichtspunkt der Schuldkompensation beruht. Maßgebend ist zum einen die Überlegung, dass der kumulative Vollzug von Freiheitsstrafe und freiheitsentziehender Maßregel den Täter doppelt belastet, zum anderen der Gedanke, dass der Effekt therapeutischen Maßregelvollzugs nicht durch anschließende langjährige Strafvollstreckung zunichte gemacht werden soll (vgl. Hanack, in: LK, StGB, 11. Aufl., § 67 Rn. 5, 6). Damit trägt die Anrechnungsregel des § 67 Abs. 4 Satz 1 StGB nur den Wirkungen der Freiheitsentziehung Rechnung, ohne den in Bezug genommenen Maßregeln schuldausgleichende Funktion beizulegen.
(4) Nach der Rechtsprechung der Strafgerichte kann sich die Verhängung von Sicherungsverwahrung bei der Strafzumessung mildernd auswirken (vgl. BGH, NStZ-RR 2002, S. 38 f.; BGH, NJW 1999, S. 3723 <3725>; BGH, NStZ-RR 1998, S. 206 <207>; BGH, NJW 1980, S. 1055 <1056>; BGH, NStE § 66 Nr. 9, Nr. 13; BGHR § 66 Abs. 1 StGB Gefährlichkeit 1; BGHR § 66 Abs. 1 StGB Hang 3 u. 5). Ferner eröffnet § 154 StPO die Möglichkeit, ein Strafverfahren im Hinblick auf eine in einem anderen Verfahren verhängte oder zu erwartende Maßregelanordnung einzustellen.
Diese Wechselwirkungen rechtfertigen es jedoch ebenfalls nicht, die Sicherungsverwahrung unter Art. 103 Abs. 2 GG zu subsumieren.
(a) Der Einfluss der Maßregelanordnung auf die Strafzumessung stellt das System der Zweispurigkeit nicht in Frage. Vielmehr folgt aus der Pluralität der Strafzwecke nach § 46 StGB, dass präventive Gesichtspunkte bei der Festsetzung des Strafmaßes mitberücksichtigt werden können. Die Strafe kann im Einzelfall aus spezialpräventiven Gründen bis an die Grenze des noch Schuldangemessenen ausgeschöpft werden. Wird nunmehr zugleich mit der Strafe eine präventive Maßregel angeordnet, dann entlastet dies die tatbezogene Strafe von ihrer spezialpräventiven Funktion und reduziert ihren Zweck weitgehend auf den Schuldausgleich. Zu einer Funktionsüberschneidung zwischen Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung kommt es mithin erneut nur auf der Präventionsebene.
(b) Nach § 154 StPO ist es möglich, ein Strafverfahren im Hinblick auf eine Maßregelanordnung in einem anderen Verfahren einzustellen. Die Vorschrift bezweckt eine Konzentration des Verfahrensstoffs und eine Beschleunigung des Verfahrens durch Teilverzicht auf Strafverfolgung (vgl. Plöd, in: KMR, StPO, § 154 Rn. 1). Sie begründet keinen Strafcharakter der in Bezug genommenen Maßregel. Überdies setzt § 154 StPO nicht voraus, dass im einzustellenden Verfahren Täterschaft und Schuld des Beschuldigten festgestellt worden sind (vgl. Beulke, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 154 Rn. 29). Der Verzicht auf Strafverfolgung nach § 154 StPO beruht demnach nicht auf dem Gedanken des Schuldausgleichs.
Die Neuregelung steht auch im Einklang mit dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebot (Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG).
1. Das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Aus dem Umstand, dass Art. 103 Abs. 2 GG nur für die Strafbarkeit ein ausdrückliches Rückwirkungsverbot aufstellt, kann nicht gefolgert werden, Rückwirkungen seien im Übrigen unbedenklich (vgl. BVerfGE 72, 200 <257>). Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Der Staatsbürger muss die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe grundsätzlich voraussehen und sich dementsprechend einrichten können. Es bedarf deshalb einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an Tatbestände nachträglich ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. BVerfGE 105, 17 <36 f.>). Das Vertrauensschutzgebot bewahrt den Bürger vor der Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens durch eine belastende Neuregelung (vgl. BVerfGE 72, 200 <254>).
Jedoch geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu sichern (vgl. BVerfGE 68, 287 <307>). Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>).
a) Eine Rechtsnorm entfaltet dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (vgl. BVerfGE 63, 343 <353>; 72, 200 <241>; 97, 67 <78>). Der zeitliche Anwendungsbereich einer Norm bestimmt, in welchem Zeitpunkt die Rechtsfolgen einer gesetzlichen Regelung eintreten sollen. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen frühestens mit Verkündung der Norm eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten (Rückbewirkung von Rechtsfolgen, "echte" Rückwirkung), ist grundsätzlich unzulässig. Der Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen, insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit (vgl. BVerfGE 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>).
Demgegenüber betrifft die tatbestandliche Rückanknüpfung ("unechte" Rückwirkung) nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, ihr Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 72, 200 <242>; 105, 17 <37 f.>). Tatbestände, die den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig machen, berühren vorrangig die Grundrechte und unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfGE 72, 200 <242>; 92, 277 <344>; 97, 67 <79>).
b) Bei Gesetzen mit tatbestandlicher Rückanknüpfung wird den allgemeinen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit kein genereller Vorrang vor dem jeweils verfolgten gesetzgeberischen Anliegen eingeräumt. Denn die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten demokratischen Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfGE 105, 17 <40>). Es muss dem Gesetzgeber daher möglich sein, Normen, die auch in erheblichem Umfang an in der Vergangenheit liegende Tatbestände anknüpfen, zu erlassen und durch Änderung der künftigen Rechtsfolgen dieser Tatbestände auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren (vgl. BVerfGE 76, 256 <348>).
Die tatbestandliche Rückanknüpfung kann Grundrechte zum Schutz solcher Sachverhalte berühren, die mit der Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandsmerkmals vor Verkündung der Norm "ins Werk gesetzt" worden sind. An diesen Grundrechten sind die betreffenden Gesetze zu messen. Die rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit wirken - beschränkt auf den Gesichtspunkt der Vergangenheitsanknüpfung - auf die grundrechtliche Bewertung in der Weise ein, wie dies allgemein bei der Auslegung und Anwendung von Grundrechten im Hinblick auf die Fragen des materiellen Rechts geschieht (vgl. BVerfGE 72, 200 <242 f.>). Die Grenzen gesetzgeberischer Regelungsbefugnis ergeben sich dabei aus einer Abwägung zwischen dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl (vgl. BVerfGE 14, 288 <300>; 25, 142 <154>; 43, 242 <286>; 43, 291 <391>; 75, 246 <280>).
2. Nach diesem Maßstab enthält die Vorschrift des Art. 1a Abs. 3 EGStGB in Verbindung mit § 67d Abs. 3 StGB keine Rückbewirkung von Rechtsfolgen, sondern eine tatbestandliche Rückanknüpfung.
a) Der Wegfall der Höchstfrist für eine erstmalig angeordnete Sicherungsverwahrung und die Anwendbarkeit auf Straftäter, bei denen die Sicherungsverwahrung vor Verkündung und Inkrafttreten der Novelle angeordnet und noch nicht erledigt war, stellt eine Rechtsfolge für Gegebenheiten aus der Zeit vor der Verkündung des Gesetzes dar. Die Entscheidung über die Erledigung der Maßregel der Sicherungsverwahrung gemäß § 67d Abs. 3 StGB i.V.m. Art. 1a Abs. 3 EGStGB betrifft einen Sachverhalt, in dem die Sicherungsverwahrung auf eine Entscheidung vor der Verkündung der Novelle gestützt wird. Der Vergangenheitsbezug ergibt sich aus dieser Anknüpfung an die frühere Anordnung der Sicherungsverwahrung.
b) Der Wegfall der Zehnjahreshöchstfrist wirkt jedoch nicht auf einen Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten der Reform zurück.
Die Neuregelung ändert nicht nachträglich eine an die Anlasstat anknüpfende Rechtsfolge. Die Dauer der Sicherungsverwahrung hing auch in der früheren Fassung des § 67 Abs. 1 StGB nicht von den Umständen zum Zeitpunkt der Anlasstat ab. Ob neben den Voraussetzungen des § 66 StGB auch die materielle Voraussetzung hangbedingter Gefährlichkeit vorliegt, hat das erkennende Gericht nach den Umständen im Urteilszeitpunkt zu beurteilen (vgl. BVerfGE 42, 1 <7>); zwischenzeitliche Entwicklungen des Täters muss es dabei ebenso berücksichtigen wie alle Gesetzesänderungen zwischen Tatbegehung und Urteil (vgl. § 2 Abs. 6 StGB). Die Sicherungsverwahrung darf nicht angeordnet werden, wenn ihre materiellen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr vorliegen.
Ebenso wenig revidiert die Gesetzesänderung die im Straferkenntnis rechtskräftig festgesetzten Rechtsfolgen zum Nachteil des Betroffenen. Denn die gesetzliche Höchstfrist des § 67d Abs. 1 StGB a.F. war nicht Bestandteil des unter alter Rechtslage ergangenen Strafurteils, erwuchs also nicht in Rechtskraft. Der Urteilstenor lautete früher wie heute lediglich auf "Unterbringung in der Sicherungsverwahrung". Die Unterbringung wurde auch nach früherer Rechtslage nicht befristet angeordnet (vgl. Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl., § 66 Rn. 67; Tröndle, StGB, 48. Aufl., § 66 Rn. 22; Hanack, in: LK, StGB, 11. Aufl., § 66 Rn. 183). Darauf, ob und wie lange (vgl. §§ 67c, 67d Abs. 2 StGB) die angeordnete Sicherungsverwahrung nach Strafende tatsächlich vollzogen wird, hatte und hat das Tatgericht keinen Einfluss. Insbesondere steht die Beantwortung der Frage, wie lange ihr Vollzug angesichts der prognostizierten Gefährlichkeit als verhältnismäßig anzusehen ist, nicht in seiner Entscheidungskompetenz. Hierüber befindet vielmehr allein die Strafvollstreckungskammer (§§ 67c, 67d StGB, § 463 Abs. 3, §§ 454, 462a Abs. 1 StPO). Dem Tatgericht war und ist es selbst dann verwehrt, eine Sicherungsverwahrung mit einer bestimmten Höchstfrist anzuordnen, wenn es einen länger dauernden Vollzug angesichts der Anlasstat oder sonstiger Umstände für unverhältnismäßig hält.
Auch im Übrigen wirkt die Neuregelung nicht ex tunc auf einen vergangenen Zeitpunkt zurück. Für Untergebrachte, bei denen sich die Maßregel wegen Fristablaufs oder erfolgreicher Bewährung (§ 67g Abs. 5 StGB) vor dem In-Kraft-Treten der Reform erledigt hatte, zeitigt die Neuregelung keine Auswirkungen. Vielmehr betrifft sie ausschließlich Personen, gegen welche die Maßregel zu diesem Zeitpunkt noch vollstreckt wurde. Bei diesen Personen bildet die in der Vergangenheit angeordnete Sicherungsverwahrung nur eine von mehreren Tatbestandsvoraussetzungen. Darüber hinaus hängt die neue Rechtsfolge - Fortdauer der Sicherungsverwahrung über die Zehnjahresgrenze des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. hinaus - insbesondere von einer Prognoseentscheidung ab. Bei dem Untergebrachten muss zum Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung gemäß § 67d Abs. 3 StGB n.F. - also nach In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung - die hangbedingte Gefahr erheblicher Rückfalltaten bestehen. In diesem Zusammenhang hat der Vollstreckungsrichter neue Tatsachen in Rechnung zu stellen, die das Erkenntnisgericht seinerzeit noch nicht berücksichtigen konnte: So spielt bei der Erledigungsprognose des § 67d Abs. 3 StGB vor allem die Entwicklung des Verurteilten im Laufe des Strafvollzugs eine wesentliche Rolle. Die Entscheidung über die Erledigung der Sicherungsverwahrung basiert auf einem Sachverhalt, der weder zum Zeitpunkt der Tat noch zu dem des Urteils oder des In-Kraft-Tretens der Neuregelung abgeschlossen war.
3. Auch wenn die Entscheidung darüber, ob die Maßregel der Sicherungsverwahrung für erledigt erklärt wird, auf einer Prognose beruht, ist der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes hier zu berücksichtigen, weil die in § 67d Abs. 1 und Abs. 3 StGB a.F. geregelte Höchstfrist bei Sicherungsverwahrten die Erwartung begründete, nach Ablauf von zehn Jahren entlassen zu werden.
Die Regelung des § 67d Abs. 1 und 3 StGB a.F. bildete in den Fällen, in denen die Sicherungsverwahrung vor Verkündung der Neuregelung des § 67d Abs. 3 StGB i.V.m. Art. 1a Abs. 3 EGStGB angeordnet worden war, eine Erwartungsgrundlage. Die zeitliche Begrenzung der Maßregel diente insbesondere auch dem Individualinteresse des Untergebrachten. Die Einführung der Höchstfrist hatte nach den gesetzgeberischen Motiven den Zweck, die "Sanktion so bestimmt wie möglich zu gestalten und für den Verurteilten das Ende erkennbar zu machen" (BTDrucks 7/2222, S. 3). Damit verschaffte die Befristung dem Untergebrachten eine Perspektive, die Freiheit zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu erlangen.
Dies gilt umso mehr, als der Untergebrachte die Sicherungsverwahrung subjektiv vielfach nicht als eine schuldunabhängige Sicherungsmaßnahme, sondern auch im Hinblick auf ihren tatsächlichen Vollzug als der Strafe vergleichbar empfinden dürfte. Der aus Anlass der Straftat angeordnete Eingriff in das Freiheitsrecht ist in der Sicht des Betroffenen bei Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung vergleichbar. Gleiches gilt für das Anordnungsverfahren und den Vollzug. Damit gewinnt die Erwartung des Untergebrachten, bei dem im Anschluss an die Verbüßung der Strafe die Sicherungsverwahrung vollzogen wird, die Freiheit zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu erlangen, besondere Bedeutung.
Allerdings erfährt die Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf den Fortbestand der Regelung des § 67d Abs. 1 StGB a.F. durch § 2 Abs. 6 StGB eine Einschränkung. Nach dieser Vorschrift ist über Maßregeln der Besserung und Sicherung, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt. § 2 Abs. 6 StGB bezieht sich - ebenso wie § 2 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, StV 1987, S. 350; Gribbohm, in: LK, StGB, 11. Aufl., § 2 Rn. 17) - auf die Anordnung wie auch auf die Vollstreckung der Maßregeln. Mithin stand die Zehnjahreshöchstfrist ebenso wie alle anderen Regelungen über Maßregeln der Besserung und Sicherung von Anfang an unter dem Vorbehalt einer gesetzlichen Änderung.
4. Die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit überwiegt das Vertrauen der betroffenen Gefangenen auf den Fortbestand der alten Zehnjahresfrist.
a) Das Vertrauen des Einzelnen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung ist gegen die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen (vgl. BVerfGE 67, 1 <15>; 105, 17 <40>). Gesetze, auf die ein schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen gegründet wird, dürfen nicht ohne besondere und überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses rückwirkend geändert werden; andererseits kann sich der Einzelne nicht auf den Schutz seines Vertrauens berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf (vgl. BVerfGE 63, 152 <175>; 105, 17 <44>). Dem Gesetzgeber muss es grundsätzlich möglich sein, auch im Wege tatbestandlicher Rückanknüpfungen auf veränderte soziale Gegebenheiten zu reagieren oder soziale Gegebenheiten ändernd zu beeinflussen.
b) Der Staat hat die Aufgabe, die Grundrechte potentieller Opfer vor Verletzungen durch potentielle Straftäter zu schützen. Diese Schutzpflicht des Staates ist umso intensiver, je mehr die Gefährdung sich konkretisiert und individualisiert und je stärker sie die Gefährdung elementarer Lebensbereiche betrifft. Je existentieller die Grundrechte für den Einzelnen sind, desto intensiver muss der staatliche Schutz vor Gefährdungen und Beeinträchtigungen sein (vgl. Würtenberger/Sydow, NVwZ 2001, S. 1201 <1204>). Ob die Aufhebung der Zehnjahreshöchstfrist zum Schutz der Grundrechte potentieller Opfer von Straftaten geboten war, ist hier nicht zu entscheiden. Jedenfalls begegnet die der gesetzgeberischen Entscheidung zugrundeliegende Annahme, dass potentielle Opfer auf diese Weise vor drohenden erheblichen Gefahren deutlich besser geschützt werden können, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
c) Hinter dieses öffentliche Interesse tritt das Freiheitsgrundrecht der von der tatbestandlichen Rückanknüpfung betroffenen Gefangenen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG trotz seines hohen Wertes zurück.
Es wurde bereits festgestellt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 67d Abs. 3 StGB nicht gegen das freiheitsschützende Übermaßverbot verstoßen hat. Die inhaltliche Konzeption als Regel-Ausnahmevorschrift sowie die flankierenden verfahrensrechtlichen Garantien für die Betroffenen verschaffen deren Anspruch aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG hinreichend Geltung (oben C. II. 2.). Aus ähnlichen Erwägungen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Entscheidung des Gesetzgebers, auch diejenigen Untergebrachten in den Anwendungsbereich des § 67d Abs. 3 StGB einzubeziehen, bei denen die Sicherungsverwahrung vor der Gesetzesänderung angeordnet worden war.
Diesseits der Grenze des Übermaßverbots obliegt eine derartige Entscheidung gesetzgeberischem Gestaltungsermessen. In diesem Rahmen hat der Gesetzgeber politisch über einen gerechten und vertretbaren Ausgleich der kollidierenden Interessen politisch zu entscheiden (vgl. Würtenberger/Sydow, NVwZ 2001, S. 1201 <1205 f.>). Der Gesetzgeber hat seinen Gestaltungsspielraum vorliegend nicht überschritten. Die hohen Anforderungen des § 67d Abs. 3 StGB tragen auch in Verbindung mit Art. 1a Abs. 3 EGStGB den betroffenen Grundrechten Rechnung. Dass der Gesetzgeber nach seiner demokratisch zu verantwortenden Sicherheitspolitik die Rückanknüpfung für geeignet und erforderlich zum Schutz von Leben, Gesundheit und sexueller Integrität der Bürgerinnen und Bürger erachtet hat, fällt in seinen Beurteilungsspielraum.
d) Schließlich gebieten die Anforderungen der Übergangsgerechtigkeit (vgl. BVerfGE 31, 275 <284 ff.>; 43, 242 <288 ff.>; 51, 356 <368>; 68, 272 <284 ff.>; 71, 255 <275>) nicht, eine schonende Übergangsregelung für Altfälle zu treffen. Ohne eine Einbeziehung der Altfälle hätte das gesetzgeberische Ziel, einen möglichst umfassenden Schutz vor drohenden schwersten Rückfalltaten bereits als gefährlich bekannter, in der Sicherungsverwahrung untergebrachter Gewalt- und Sexualstraftäter zu gewährleisten, nicht erreicht werden können.
Auch die sonstigen Rügen des Beschwerdeführers greifen nicht durch.
1. a) Das Fehlen einer gesetzlichen Höchstgrenze für die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Art. 103 Abs. 2 GG greift nicht ein, weil die Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht in den Schutzbereich dieser Vorschrift fallen (oben C. III.).
Maßstab ist vielmehr Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG, der den Gesetzgeber verpflichtet, die Fälle, in denen eine Freiheitsentziehung zulässig sein soll, hinreichend klar zu bestimmen. Nur er soll nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 GG darüber entscheiden, in welchen Fällen Freiheitsentziehungen zulässig sein sollen. Freiheitsentziehungen sind in berechenbarer, messbarer und kontrollierbarer Weise zu regeln (vgl. BVerfGE 29, 183 <196>). Insoweit konkretisiert Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG für den Bereich der Freiheitsentziehung die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Bestimmtheitsanforderungen (vgl. BVerfGE 76, 363 <387>).
Präventive Freiheitsentziehungen greifen ebenso stark in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ein wie Freiheitsstrafen. Der Gesichtspunkt, dass die Vorgaben des Gesetzgebers umso genauer sein müssen, je intensiver der Grundrechtseingriff ist und je schwerwiegender die Auswirkungen der Regelung sind (vgl. BVerfGE 86, 288 <311>; 93, 213 <238> jeweils m.w.N.), erhält daher besonderes Gewicht. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der präventiven Freiheitsentziehung eine Prognose über die Gefahr, die von der Person ausgeht, zugrunde liegt und die Abwehr dieser Gefahr Grundlage der Freiheitsentziehung ist. Bei der Sicherungsverwahrung handelt es sich nicht um die Bewertung eines in einer Strafnorm vertypten Unrechts im Einzelfall, sondern um die Beherrschung einer Gefährdungslage. Im Hinblick auf die Intensität des Grundrechtseingriffs bei der Freiheitsentziehung muss der Gesetzgeber in diesen Fällen nicht nur bestimmen, unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen überhaupt die freiheitsentziehende Maßregel der Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann, sondern darüber hinaus auch sicherstellen, dass Entscheidungen über die Freiheitsentziehung auf Grund einer Prognose keine von vornherein unbegrenzte Wirkung zukommen darf. Die Unsicherheit, die jeder Prognose innewohnt, erfordert bei einer präventiven Freiheitsbeschränkung eine angemessene Entscheidung des Gesetzgebers darüber, welche zeitliche Wirkung der Prognoseentscheidung zukommt und wann diese zu überprüfen ist.
b) Diesen Anforderungen genügen die gegenwärtigen Regelungen der Maßregel der Sicherungsverwahrung.
Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehalten, eine absolute zeitliche Höchstgrenze für die Sicherungsverwahrung festzulegen. Die Gefahr, die von einem Sicherungsverwahrten ausgeht, lässt sich nicht abstrakt-generell für die Zukunft bestimmen. Die Gefährlichkeit des Täters für die Allgemeinheit entfällt nicht notwendigerweise nach einer bestimmten Zeit.
Für die rechtzeitige Feststellung nachlassender Gefährlichkeit hat der Gesetzgeber Vorsorge getroffen, indem er eine regelmäßige Überprüfung der Prognoseentscheidung in angemessener Zeit sicherstellt. Gemäß § 67e Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 StGB hat das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung spätestens nach zwei Jahren zu überprüfen. Damit ist gewährleistet, dass die einzelne Prognoseentscheidung die Freiheitsentziehung nur für einen bestimmten Zeitraum trägt. Ob die Voraussetzungen für die Gefährlichkeit im Sinne des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB weiterhin vorliegen, muss dann erneut und mit der angemessenen Sorgfalt festgestellt werden. Damit hat der Gesetzgeber dem Bestimmtheitsgebot Genüge getan. Für den Betroffenen ist klar erkennbar, wann er mit einer neuen Überprüfung rechnen kann, und für das Gericht ergibt sich aus dieser Überprüfungsfrist der begrenzte Horizont der Prognose.
2. Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Neuregelung verstoße gegen Art. 101 Abs. 1 GG, weil der Gesetzgeber die ursprünglich angeordnete (befristete) Sicherungsverwahrung nachträglich in eine unbefristete abgeändert habe, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Der Schutzbereich des Art. 101 Abs. 1 GG (Garantie des gesetzlichen Richters) ist hier nicht eröffnet. Die abstrakt-generelle Regelung des § 67d Abs. 3 StGB ersetzt weder eine gesetzlich vorgesehene richterliche Entscheidung im Einzelfall noch bewirkt sie - was ebenfalls gegen Art. 101 Abs. 1 GG verstoßen kann (vgl. dazu Degenhart, in: Sachs, GG, 3. Aufl., Art. 101 Rn. 10) - Unklarheiten in der Ordnung der richterlichen Zuständigkeiten.
Die Entscheidung ist mit 6 : 2 Stimmen ergangen, soweit sie auf den Gründen unter C. IV. (Rückwirkung) beruht.
HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 166
Externe Fundstellen: BVerfGE 109, 133; NJW 2004, 739; StV 2004, 267
Bearbeiter: Stephan Schlegel