HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 759
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 532/06, Urteil v. 21.06.2007, HRRS 2007 Nr. 759
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 14. Juli 2006 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte in sieben Fällen - I. 2. d, I. 2. e aa bis cc, I. 2. f aa bis cc der Urteilsgründe - freigesprochen worden ist.
2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision des Angeklagten gegen das genannte Urteil werden verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Soweit die Revision der Staatsanwaltschaft verworfen wird, trägt die Staatskasse die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Steuerhinterziehung und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit versuchter Steuerhinterziehung, des weiteren wegen Betrugs in 15 Fällen sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Von dem Betrugsvorwurf in weiteren zehn Fällen hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Mit Ausnahme der drei Fälle I. 2. f ee der Urteilsgründe (Betrug zum Nachteil der Firma W. im Zeitraum 26. Juli bis 31. Juli 2004) wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die insoweit vom Generalbundesanwalt vertreten wird, gegen die - verbleibenden sieben - Teilfreisprüche. Daneben greift die Staatsanwaltschaft (insoweit nicht vertreten) die Annahme der Fremdnützigkeit (statt Eigennützigkeit) in einem Betrugsfall, die Strafzumessung in drei weiteren Fällen sowie die Gesamtstrafbildung an. Dieses Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Der Angeklagte wollte sich mit seiner Einzelfirma im Bauelementehandel mit dem Einbau von Bauelementen selbständig machen. Da er dabei zum Erwerb der Baumaterialien in Vorleistung treten musste und weder "Aussichten auf weitere zeitnahe und gewinnträchtige Aufträge" (UA S. 13) noch sonst irgendwie gesicherte Gewinnerwartungen hatte, versuchte er auf unterschiedliche Weise, den Vorfinanzierungsbedarf zu decken.
a) Er gab für die Monate November 2003, Januar und Februar 2004 jeweils unter Beifügung gefälschter Eingangsrechnungen Voranmeldungen mit erfundenen Vorsteuerbeträgen ab. Dadurch erlangte er unberechtigte Steuervergütungen von insgesamt rund 5.500 Euro. Bezüglich des für Februar 2004 geltend gemachten Vorsteuerüberhanges in Höhe von rund 2.200 Euro kam es infolge einer Umsatzsteuersonderprüfung nicht mehr zur Auszahlung. Diese letzte Tat hat das Landgericht im Hinblick auf die gewerbsmäßige Begehungsweise aus dem Strafrahmen des § 267 Abs. 3 StGB mit einer Einzelfreiheitsstrafe von sieben Monaten - in den beiden vorhergehenden Fällen jeweils acht Monate - geahndet, ohne das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO zu erörtern.
b) Wegen seiner fortbestehenden Zahlungsschwierigkeiten zog der Angeklagte im Zeitraum von Ende März bis 21. Juni 2004 über seine Ehefrau nach deren Zulassung zum Lastschriftverfahren im Online-Banking zu Lasten der Sparkasse O. mehrfach Geldbeträge ein, obwohl ihm bewusst war, dass das Lastschriftverfahren für diese mit den Lastschriftgebern vereinbarten kurzfristigen Kreditgewährungen nicht vorgesehen war. Die Sparkasse, die die Lastschriften von den Banken der Geldgeber nach dem (zu erwartenden) Widerruf der Belastungen innerhalb von sechs Wochen zurücknehmen musste, fiel mit über 86.000 Euro aus. Für diese Tat hat das Landgericht die Einsatzstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt.
Um die Mitarbeiter der Sparkasse von der Schuldenbeitreibung abzuhalten, legte der Angeklagte im Juli 2004 ein von ihm gefälschtes Schreiben der S. I. KG vor, mit dem angeblich der Eingang von 63.498,43 Euro bestätigt wurde.
c) Im April 2004 stellte der Angeklagte den Zeugen L. ein, wobei er ihm vorspiegelte, ein festes Bruttogehalt in Höhe von 1.900 Euro monatlich zu zahlen. Tatsächlich wollte der Angeklagte den Zeugen L. nur im Fall der erfolgreichen Vermittlung von Werkaufträgen entlohnen. Gleichwohl stellte der Angeklagte bei der Agentur für Arbeit am 22. April 2004 einen Antrag auf monatlichen Einstellungszuschuss in Höhe von 60 % des Bruttogehalts, der ihm in Höhe von insgesamt 5.700 Euro für den Zeitraum Juni bis Oktober 2004 ausgezahlt wurde. Entgegen dem im Bescheid der Agentur für Arbeit enthaltenen Hinweis verwendete der Angeklagte die Zuschüsse weder für den Arbeitslohn noch für die Sozialversicherungsbeiträge. Für die Betrugstat zu Lasten des Zeugen L. hat das Landgericht aus dem Grundtatbestand des Betrugs nach einer Gesamtschau trotz der Indizwirkung des angenommenen Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit im Hinblick auf mehrere strafmildernde Umstände (insbesondere hatte der Angeklagte Schulden des Zeugen L. im Juni 2004 in Höhe von über 2.000 Euro übernommen) eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten verhängt.
d) Im Zeitraum vom 4. Juni 2004 bis April 2005 bezog der Angeklagte für seine Einzelfirma von acht Lieferanten unterschiedliche Vermögensgegenstände wie einen Computer, Werkzeuge, Materialien für den Fensterbau und Treibstoff, ohne diese zu bezahlen, und verursachte bei den Gläubigern einen Forderungsausfall von über 13.000 Euro. Im Hinblick auf die bis zum 21. Juni 2004 erfolgten Lastschrifteinzüge hat sich das Landgericht von einem Betrugsvorsatz des Angeklagten nicht überzeugen können und ihn daher insoweit von dem Vorwurf, in sieben Fällen Waren in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit und in Zahlungsunwilligkeit bestellt zu haben, aus tatsächlichen Gründen freigesprochen (Fälle I. 2. d, I. 2. e aa bis cc sowie I. 2. f aa bis cc der Urteilsgründe). Nur für die Bestellungen nach dem 21. Juni 2004 hat das Landgericht Betrugsvorsatz beim Angeklagten angenommen; es ist damit - mit Ausnahme der drei nicht mehr verfahrensgegenständlichen Taten - zu neun Betrugstaten gelangt, die es im Hinblick auf die gewerbsmäßige Begehungsweise aus dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB mit Einzelfreiheitsstrafen zwischen sechs und acht Monaten geahndet hat.
e) Schließlich stellte der Angeklagte im September 2004 den Zeugen W. ein, obwohl er weder fähig noch willens war, dessen Lohn zu zahlen. Zudem führte er für einen weiteren Arbeitnehmer die für die Monate September 2004 bis Dezember 2004 angefallenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von jeweils 400 Euro nicht an die AOK Northeim ab, obwohl er auch für diesen Angestellten dafür vorgesehene Einstellungszuschüsse erhielt.
f) Obwohl er im November 2004 die eidesstattliche Versicherung in einem Zwangsvollstreckungsverfahren abgegeben hatte, beauftragte der Angeklagte im Dezember 2004 die J. D. und V. GmbH mit dem Druck und der Veröffentlichung von Stellenangeboten und blieb den Werklohn in Höhe von rund 200 Euro schuldig (Fall I. 2. n der Urteilsgründe).
Für diese Betrugstat hat das Landgericht aus dem Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB unter Verneinung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Monat verhängt.
g) Im letzten Betrugsfall (Fall I. 2. p der Urteilsgründe) erwarb der Angeklagte, über dessen Vermögen am 27. Juni 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, im Januar 2006 von der Autohaus P. GmbH einen Mercedes Sprinter nebst Winterreifen, ohne zahlungswillig und -fähig zu sein. Die Autofirma erlitt durch den Entzug der Nutzung und im Hinblick auf den letztendlich gescheiterten Verkauf getätigte vergebliche Aufwendungen einen Vermögensverlust von rund 1.500 Euro. In Abweichung von der unverändert zugelassenen Anklage hat das Landgericht, das der geständigen Einlassung des Angeklagten gefolgt ist, in diesem Fall einen fremdnützigen Betrug zugunsten eines Vorunternehmers des Angeklagten und daher keinen besonders schweren Fall des Betrugs nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB angenommen.
2. Der Angeklagte hat sich hinsichtlich des Betrugsvorwurfs zu Lasten der Firma E. (Fall I. 2. d der Urteilsgründe) damit verteidigt, er habe diesen Lieferanten mit Geldmitteln, die er sich mittels höherer Kreditaufnahme im Lastschriftverfahren hätte beschaffen müssen, bezahlen wollen. Bezüglich der weiteren Betrugsfälle zu Lasten der Firma H. D. GmbH & Co. KG (Fälle I. 2. e der Urteilsgründe) und der Firma We. (Fälle I. 2. f aa bis cc der Urteilsgründe) hat sich der Angeklagte "speziell nicht eingelassen", jedoch im Rahmen seiner "Angaben zu den Warenbestellungen im Allgemeinen ... eingeräumt, bei Vertragsschluss nicht in der Lage gewesen zu sein, den Kaufpreis zu zahlen und nur die Hoffnung gehabt zu haben" (UA S. 93), aus zukünftigen Bauaufträgen liquide zu werden. Bis dahin habe er nur die am stärksten drängenden Gläubiger bezahlen wollen.
Diese Einlassung hat das Landgericht als nicht mit einer für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit widerlegt erachtet, weil das Bankkonto bei der Sparkasse bis zum 21. Juni 2004 - und damit auch bei den jeweiligen Vertragsschlüssen - überwiegend im Haben geführt worden sei; erst danach sei es vom Angeklagten nach dem endgültigen Scheitern der Kreditaufnahmen mittels zweier Barabhebungen in Höhe von insgesamt 16.200 Euro "abgeräumt" worden. Daher sei der Angeklagte bis zu diesem Zeitpunkt als zahlungsfähig anzusehen; jedenfalls sei ein entsprechender Betrugsvorsatz des Angeklagten nicht erwiesen, auch wenn er selbst bezüglich der beiden letztgenannten Gläubiger (zu seinen eigenen Lasten) sich nicht auf die Einkünfte aus dem Lastschriftverfahren berufen und damit "insoweit - aus welchen Gründen auch immer - nicht ausreichend hinsichtlich der unterschiedlichen Zeiträume differenziert" habe (UA S. 92).
Die auf die allgemeine Sachrüge vorgenommene Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Die wirksam auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, soweit sie mit der Sachrüge in den Freispruchsfällen I. 2. d, I. 2. e aa bis cc und I. 2. f aa bis cc der Urteilsgründe die Beweiswürdigung beanstandet. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
1. Die Beweiswürdigung, die den sieben Teilfreisprüchen vom Vorwurf des Lieferantenkreditbetruges zugrunde liegt, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Das Revisionsgericht muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters; die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob diesem Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; BGH wistra 2007, 18, 19; BGH NJW 2006, 925, 928 m.w.N., insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt). Der Überprüfung unterliegt auch, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; BGH NStZ-RR 2005, 147; BGH NStZ 2004, 35, 36; BGH wistra 1999, 338, 339; jeweils m.w.N.). Ein Rechtsfehler kann auch darin liegen, dass eine nach den Feststellungen nicht nahe liegende Schlussfolgerung gezogen wurde, ohne dass konkrete Gründe angeführt sind, die dieses Ergebnis stützen könnten. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 159/07; BGH NStZ-RR 2003, 371; BGH NStZ 2004, 35, 36).
b) Hier erweist sich die Beweiswürdigung, worauf die Revision und der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen haben, als widersprüchlich, unklar und lückenhaft. Soweit das Landgericht - in den Betrugsfällen zu Lasten der Firmen D. und W. sogar entgegen der Einlassung des Angeklagten - von dessen Zahlungsfähigkeit ausgeht, ist diese Bewertung nicht hinreichend mit Tatsachen belegt.
Der Angeklagte hatte von Beginn seiner werbenden Tätigkeit an keine Geldmittel, um seine Lieferanten zu bezahlen. Er hatte, wie er wusste, für sein Einzelunternehmen kein stimmiges Betriebskonzept und musste von vornherein mit Straftaten, beginnend mit den erschlichenen Vorsteuervergütungen, den erheblichen Vorfinanzierungsbedarf decken. Es war ihm, wie er glaubhaft eingeräumt hat, allenfalls möglich, nur die hartnäckigsten Gläubiger zu bezahlen. Vor diesem Hintergrund durfte sich das Landgericht nicht mit Hinweisen auf die aus dem Lastschriftverfahren missbräuchlich erlangten Zahlungseingänge und auf die Barzahlung eines Betriebsfahrzeuges über 12.800 Euro beschränken, um Zahlungsfähigkeit bis zum 21. Juni 2004 anzunehmen.
Die lückenhafte Darstellung der Vermögenssituation des Angeklagten ermöglicht dem Senat keine Überprüfung der Zahlungsfähigkeit. Zwar waren die Geldmittel aus dem Lastschriftbetrug zu berücksichtigen. Jedoch wäre ein etwaiges Bankguthaben, dessen Höhe das Landgericht nicht mitteilt, zur Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit unbeachtlich, wenn absehbar wäre, dass jenes Bankkonto zum Zeitpunkt der vorgesehenen Begleichung der eingegangenen Verbindlichkeiten keine entsprechende Deckung aufwies. Das Landgericht hätte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte für sein Einzelunternehmen nicht Buch führte, seine Einlassung einer kritischen Prüfung unterziehen müssen, warum bei den Bestellungen bis zum 21. Juni 2004 im Unterschied zu den anderen Fällen eine Bezahlung möglich und gewollt gewesen sei. Die bloße Hoffnung, später zahlungsfähig zu werden, lässt den Täuschungsvorsatz hinsichtlich der Erklärung uneingeschränkter Zahlungsfähigkeit nicht entfallen (Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 263 Rdn. 106).
Wollte der Angeklagte bereits ab dem 4. Juni 2004 - und damit im gesamten Tatzeitraum - nur die am stärksten auf Zahlung drängenden Gläubiger befriedigen, kommt ein Betrugsvorsatz auch für die Bestellungen vor dem 21. Juni 2004 in Betracht. Das Landgericht hat hier nicht bedacht, dass Zahlungsunwilligkeit allein - unabhängig von der Frage der Zahlungsfähigkeit - den Betrug begründen kann.
2. Die Verurteilung wegen (fremdnützigen) Betrugs im Fall II. 2. p der Urteilsgründe hält der rechtlichen Nachprüfung noch stand.
a) Die nur für diesen Fall erhobene Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO), mit der beanstandet wird, dass der Vorunternehmer S. nicht als Zeuge zu der Frage gehört worden ist, ob die Besitzerschleichung an dem Kleinlaster zu seinen Gunsten erfolgte, genügt bereits nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und ist daher unzulässig. Denn sie teilt nicht die ladungsfähige Anschrift dieses Zeugen mit und bezeichnet damit das Beweismittel nur unvollständig (BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40).
b) Die Annahme eines fremd- und nicht eigennützigen Betrugs zu Lasten des Autohauses P. GmbH beruht auf einer noch tragfähigen Beweisgrundlage. Soweit die Staatsanwaltschaft das Einlassungsverhalten des Angeklagten und sein festgestelltes Verhalten gegenüber der Verkäuferin anführt, zeigt sie damit keine Widersprüchlichkeiten, Unklarheiten oder Lücken, sondern nur andere mögliche Schlüsse auf, die das Landgericht nicht ziehen musste. So konnten insbesondere die Ankündigung Ende 2005, den Kleinlaster für eine eigene Firma zu erwerben, sowie die eigenhändige Entgegennahme und Rückgabe gerade der Festigung der Legende, wonach der S. nach außen nicht in Erscheinung treten sollte, gedient haben. Allein der Umstand, dass der Angeklagte als Subunternehmer selbst über ein Transportfahrzeug verfügt haben muss, um sinnvollerweise Bauaufträge annehmen zu können, hätte eine Erörterungspflicht des Landgerichts auslösen können.
Indes ist es auch im Rahmen eines Subunternehmervertrages möglich, dass der Angeklagte nur seine Arbeitskraft, der Vorunternehmer S. aber sämtliche Arbeitsmaterialien zur Verfügung stellen sollte.
3. Die Strafzumessung in dem angefochtenen Umfang begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Ob es rechtsfehlerhaft ist, dass das Landgericht im Fall der versuchten Umsatzsteuerhinterziehung für den Monat Februar 2004 - unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 35, 374, 376; BGH wistra 1998, 265, 266 und 1990, 26, 27) - das Regelbeispiel der fortgesetzten Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO) und damit einen möglichen Strafschärfungsgrund nicht erörtert hat, kann dahinstehen. Jedenfalls beruht das Urteil nicht hierauf. Das Landgericht hat, wie in den beiden vorangegangenen Fällen der Umsatzsteuerhinterziehung auch, rechtsfehlerfrei wegen der (vollendeten und gewerbsmäßigen) Urkundenfälschung den Strafrahmen des § 267 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt, der mit demjenigen des § 370 Abs. 3 AO übereinstimmt. Dass das Landgericht bei der dritten Steuerstraftat eine geringere Einzelfreiheitsstrafe verhängt hat, rechtfertigt sich daraus, dass die Tat wegen der fehlenden Zustimmung des Finanzamtes zur Auszahlung des geltend gemachten Vorsteuerüberhanges und der damit unterbliebenen Herbeiführung der Festsetzungswirkung (vgl. § 168 Satz 2 AO und BGH wistra 2005, 56, 57; BGHR AO § 370 Abs. 1 Vollendung 2) nicht über das Versuchsstadium hinaus gelangt ist.
b) Die Gesamtwürdigung im Betrugsfall zu Lasten des Angestellten L., aufgrund derer das Landgericht die Indizwirkung der bejahten Gewerbsmäßigkeit verneint hat, ist vom Revisionsgericht hinzunehmen.
Das Landgericht hat ausreichend dargelegt, warum es in diesem Fall die Indizwirkung der angenommenen Gewerbsmäßigkeit als widerlegt angesehen hat. Rechtsfehler hat die Revision nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich.
c) Dass das Landgericht im Betrugsfall zu Lasten der J. D. und V. GmbH unter Hinweis auf die einschlägige Entscheidung des Bundesgerichtshofs in wistra 1999, 465 das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit verneint hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar genügt es zur Bejahung von Gewerbsmäßigkeit, dass die Tat - wie etwa beim Ankauf von Rauschgift oder Schmuggelgut zum gewinnbringenden Weiterverkauf - mittelbar als Einnahmequelle dient (BGH aaO und BGH NStZ 1999, 622, 623; BGH wistra 1994, 230, 232; BGH MDR bei Holtz 1983, 621, 622). Ein solcher mittelbarer Zusammenhang ist hier aber zu verneinen. Denn die Urteilsfeststellungen belegen noch nicht ausreichend, auch nicht in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der Warenkreditbetrügereien im April 2005, dass der Angeklagte die zu werbenden Außendienstmitarbeiter in gleicher betrügerischer Weise anstellen wollte wie den Zeugen W.
Nach alledem bedarf die Sache in den sieben genannten freigesprochenen Betrugsfällen (I. 2. d, I. 2. e aa bis cc, I. 2. f aa bis cc der Urteilsgründe) neuer Aufklärung und Bewertung, sofern der neue Tatrichter nicht von der Möglichkeit des § 154 Abs. 2 StPO Gebrauch macht. Für den Fall einer gegebenenfalls neu vorzunehmenden Gesamtstrafbildung weist der Senat darauf hin, dass das von der Staatsanwaltschaft gerügte Eingehen auf die finanzielle Situation des Angeklagten und auf dessen Geldbedarf im Tatzeitraum ersichtlich nur dazu diente, den "situativen Zusammenhang" bei der straffen Zusammenführung der Einzelstrafen zu erläutern (UA S. 149). Dies stellt daher keine widersprüchliche Verwertung eines an sich strafschärfenden Gesichtspunkts dar.
HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 759
Bearbeiter: Karsten Gaede