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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 633/99, Beschluss v. 18.01.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 4 StR 633/99 - Beschluß v. 18. Januar 2000 (LG Halle)

Vollendung beim Raub; Versuch; Gewalt als Mittel zur Wegnahme; Hehlerei

§ 249 StGB; § 22 StGB; § 259 StGB; § 246 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Zum Versuch eines Raubes, wenn der Täter die weggenommene Sache nicht mit dem Mittel der zuvor zu Raubzwecken eingesetzten Gewalt erlangt. ("Handy-Fall")

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 7. Mai 1999 mit den Feststellungen aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte im Fall II 1 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,

b) in den Aussprüchen über die im Fall II 2 verhängte Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten "des gemeinschaftlich begangenen Raubes sowie der gemeinschaftlich begangenen schweren räuberischen Erpressung" schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch im Fall II 1 der Urteilsgründe wegen (vollendeten) Raubes hat keinen Bestand.

Nach den Feststellungen wollten der Angeklagte und N. dem Lehrling L. unter Anwendung von Gewalt Zigaretten wegnehmen. Sie versetzten L. mehrere Faustschläge. Als dieser zu Boden gefallen war, durchsuchte ihn N., "fand jedoch keine Zigaretten. Bei dem voraufgegangenen Gerangel war L. sein Handy aus der Jackentasche gefallen, welches N. aufhob und wenig später, als beide den Tatort verließen, an den Angeklagten weitergab".

Diese Feststellungen vermögen die Verurteilung wegen vollendeten Raubes nicht zu rechtfertigen. Soweit das Landgericht hierzu im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, die Gewalt sei "als Mittel zur Wegnahme der Zigaretten" eingesetzt worden, hat es außer acht gelassen, daß bei dem Tatopfer keine Zigaretten gefunden wurden. Das Landgericht ist zudem im Rahmen der Beweiswürdigung davon ausgegangen, daß der Angeklagte und N. das Handy nicht unter Gewaltanwendung weggenommen haben. "Zweifelsfrei" sei jedoch, daß der Angeklagte "aufgrund der gesamten Umstände genau erkannte, daß das Handy, welches ihm N. beim Weglaufen zeigte, von L. stammte und er somit bewußt ein durch eine Unterschlagung in den Besitz von N. gelangtes Handy einsteckte, um es zu ihrer beider Nutzen zu verkaufen." Nach diesen widersprüchlichen Ausführungen kommt lediglich eine Verurteilung wegen versuchten Raubes, allerdings - was das Landgericht übersehen hat - in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB), sowie wegen Hehlerei (an dem von N. unterschlagenen Handy) in Betracht. Da nicht auszuschließen ist, daß weitergehende Feststellungen getroffen werden können, die die Annahme eines vollendeten Raubes zu tragen vermögen, scheidet eine Schuldspruchänderung durch den Senat aus.

2. Der mit der Aufhebung der Verurteilung im Fall II 1 der Urteilsgründe verbundene Wegfall der wegen dieser Tat verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.

Der neue Tatrichter wird sich im Falle einer erneuten Verurteilung im Fall II 1 der Urteilsgründe, da der Angeklagte bei der Begehung dieser Tat noch Heranwachsender (§§ 1, 105 JGG) war, mit der - vom Landgericht nicht erörterten - Frage auseinanderzusetzen haben, ob auf die Taten gemäß § 32 JGG einheitlich Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anzuwenden ist (vgl. Eisenberg J GG 8. Aufl. § 32 Rdn. 10 ff. m.w. N.). Deshalb kann auch die im Fall II 2 verhängte Einzelfreiheitsstrafe nicht bestehen bleiben.

3. Sofern der neue Tatrichter wiederum zur Anwendung des allgemeinen Strafrechts gelangt, wird zu prüfen sein, ob die Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 13. November 1998, die nach den Feststellungen zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils noch nicht erledigt war, gemäß § 55 StGB einzubeziehen oder ob nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB zu verfahren ist. Dies gilt auch dann, wenn die Geldstrafe inzwischen erledigt sein sollte (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1; BGH, Beschluß vom 13. April 1999 - 4 StR 119199 jew. m. N.).

Bearbeiter: Karsten Gaede