Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 287/99, Beschluss v. 21.03.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X
Die Sache wird an das Oberlandesgericht Naumburg zurückgegeben.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 27. April 1998 wegen "fahrlässiger Nichtzahlung des Mindestlohns" gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz-AEntG) vom 26. Februar 1996 (BGBl 1227), § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG eine Geldbuße von 10.000 DM festgesetzt.
Nach den Feststellungen zahlte der Betroffene als Geschäftsführer der B. GmbH im Jahr 1997 an sechs deutsche Arbeitnehmer, die mit Tätigkeiten im Baugewerbe betraut waren, einen geringeren Stundenlohn als den Brutto-Mindestlohn von 15,64 DM pro Stunde, der in dem für allgemeinverbindlich erklärten - vom Amtsgericht seiner Beurteilung allein zugrunde gelegten - Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestlohnes vom 2. September 1996 für das Baugewerbe (vgl. BAnz. Nr. 215 vom 16. November 1996 S. 12102) vorgesehen war.
Das zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde des Betroffenen berufene Oberlandesgericht Naumburg meint, das Amtsgericht sei rechtlich zutreffend von den Vorschriften des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes ausgegangen. Es ist der Auffassung, daß § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AEntG (auch) in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung auf Arbeitsverträge zwischen (inländischen) Arbeitgebern mit Sitz im räumlichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags des Baugewerbes und seinen dort beschäftigten Arbeitnehmern anzuwenden ist.
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Naumburg durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. Juli 1998 - 5 Ss (OWi) 225/98 (OWi) 98/98 I (NStZ-RR 1998, 319) gehindert. Nach Ansicht dieses Gerichts ist § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AEntG a.F. auf die bezeichneten Arbeitsverhältnisse nicht anwendbar. Da das Oberlandesgericht Naumburg meint, nach dieser Rechtsauffassung müsse es den Betroffenen freisprechen, hat es die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:
"Gilt das 'Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen' (Arbeitnehmer-Entsendegesetz-AEntG) nach § 1 Abs. 1 Satz 4 AEntG a.F. auch für einen unter den Geltungsbereich eines entsprechenden Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im Inland?"
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Rechtsfrage im Sinne des Oberlandesgerichts Naumburg zu entscheiden.
Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 121 Abs. 2 GVG sind nicht erfüllt. Das vorlegende Oberlandesgericht ist an der beabsichtigten Entscheidung durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf nicht gehindert. Zwar will das Oberlandesgericht Naumburg die vorgelegte, für seine beabsichtigte Entscheidung erhebliche Rechtsfrage anders als das Oberlandesgericht Düsseldorf beantworten; dessen Entscheidung ist aber überholt. Damit sind die Vorlegungsvoraussetzungen entfallen.
1. Allerdings folgt dies nicht schon daraus, daß das Arbeitnehmer-Entsendegesetz durch Art. 10 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I 3843 - im folgenden als "Korrekturgesetz" bezeichnet) mit Wirkung vom 1. Januar 1999 geändert wurde und der Gesetzgeber die vorgelegte Rechtsfrage durch den Wortlaut der neu gefaßten §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 1 Satz 3 AEntG nunmehr eindeutig im Sinne des vorlegenden Oberlandesgerichts entschieden hat (BTDrucks. 14/45 S. 25 f.; Meyer NZA 1999, 121, 127, 128; Schwab AR-Blattei SD 370.3 Rdn. 38). Auf den der Vorlegung zugrundeliegenden Fall ist nämlich noch nicht das neue Recht anzuwenden; wäre das der Fall, so wäre die Vorlage wegen der fehlenden Identität der Rechtsfrage unzulässig (vgl. BGHSt 27, 5, 10; 44, 121, 124 [zu dem gleich zu behandeln Fall einer Vorlagepflicht gemäß § 132 Abs. 2 GVG]; BGHZ 15, 207; Hanack, Der Ausgleich divergierender Entscheidungen in der oberen Gerichtsbarkeit [1962] S. 166). Auf den Ausgangsfall ist jedoch wie im Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AEntG in der alten Fassung anzuwenden. Hierfür bedarf es keiner Entscheidung, ob sich dies aus § 4 Abs. 3 OWiG bzw. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 354 a StPO oder aus § 4 Abs. 4 Satz 1 OWiG ergibt.
Nach einer Gesetzesänderung entfällt die Vorlegungspflicht auch nicht allein deshalb, weil die Divergenz nur noch in einer Übergangszeit auftreten kann (BGHSt 17, 76, 77 f.; 21, 125, 126 f.; Schäfer/Harms in Löwe/Rosenberg StPO 24. Aufl. § 121 GVG Rdn. 63); denn das Bedürfnis, eine einheitliche Rechtsanwendung zu sichern, besteht in diesem Umfang fort.
2. Die Vorlegungsvoraussetzungen sind jedoch weggefallen, weil der Gesetzgeber durch die Begründung des Entwurfs zum Korrekturgesetz vom 17. November 1998 (BTDrucks. 14/45) für eine Neufassung der §§ 1 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Nr. 1 AEntG zugleich eindeutig und offenkundig klargestellt hat, daß in gleicher Weise auch die ursprüngliche Fassung dieser erst vor wenigen Jahren erlassenen Normen auf die im Tarifgebiet ansässigen Arbeitgeber anwendbar ist (dazu näher unter Buchst. c). Weil daher die Richtigkeit der vom vorlegenden Oberlandesgericht vertretenen Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AEntG a.F. außer Frage steht, ist die Grundlage für die entgegenstehende Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf entfallen und dessen Beschluß vom 3. Juli 1998 überholt. Ein Bedürfnis für eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nach § 121 Abs. 2 GVG besteht nämlich dann nicht mehr, wenn - wie hier - infolge einer solchen Rechtsentwicklung mit abweichenden Entscheidungen nicht mehr zu rechnen ist.
a) Der Senat hätte allerdings mit Blick auf den Zweck des § 121 Abs. 2 GVG Bedenken, die Vorlegungspflicht bei nicht geänderten Normen - hier die noch in der alten Fassung anzuwendenden §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AEntG - allein wegen eines allgemeinen Wandels der Rechtsauffassung zu verneinen (so aber zu den rechtsähnlichen Vorschriften des § 28 Abs. 2 FGG und des § 79 Abs. 2 GBO OLG Frankfurt NJW 1958, 713; BayObLGZ 1988, 371, 382; Demharter GBO 23. Aufl. § 79 Rdn. 11; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler Freiwillige Gerichtsbarkeit 14. Aufl. § 28 Rdn. 18 m.w.N.; a.A. Jansen FGG 2. Aufl. § 28 Rdn. 9). Ob eine Änderung der Rechtsanschauungen zu einem gewandelten Normverständnis geführt hat, ist vielmehr grundsätzlich im Vorlegungsverfahren zu klären; das gilt insbesondere, wenn die Reichweite des Wandels Zweifeln oder Meinungsverschiedenheiten ausgesetzt ist (Schäfer/Harms aaO § 121 GVG Rdn. 60; Hannich in KK-StPO 4. Aufl. § 121 GVG Rdn. 29; vgl. auch BGH, Beschluß vom 20. Juli 1999 - 4 StR 106/99 = NJW 1999, 3058, zum Abdruck in BGHSt bestimmt).
b) Anders verhält es sich jedoch, wenn die Auslegung einer Norm eindeutig und offenkundig geklärt ist. Die Vorlegungspflicht dient nämlich allein dem Zweck, eine einheitliche Rechtsanwendung zu sichern (BGHSt 33, 310, 313; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 121 GVG Rdn. 5; Hannich aaO § 121 GVG Rdn. 13). Die mit ihr verbundene Beschränkung der oberlandesgerichtlichen Entscheidungsfreiheit darf deshalb nicht weiter gehen, als es zur Wahrung der Rechtseinheit unerläßlich ist (BGHSt 30, 160, 162; BGH NJW 1963, 2085; VRS 25, 270; bei Holtz MDR 1979, 109; wistra 1994, 30, 31).
aa) Der Wegfall der Vorlegungsvoraussetzungen ist daher bereits für bestimmte Akte der Rechtsprechung anerkannt: Schon im Blick auf § 31 BVerfGG entfällt etwa die Vorlegungspflicht, wenn das Bundesverfassungsgericht die entscheidungserhebliche Rechtsfrage abweichend von der bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (BGH NJW 1977, 686; OLG Hamm NJW 1976, 762, Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 121 GVG Rdn. 6), nichts anderes gilt, wenn es den Fachgerichten aufgegeben hat, einen bestimmten rechtlichen Komplex insgesamt anhand der von ihm entwickelten Maßstäbe neu zu gestalten (BGHSt 44, 171, 173; BGH, Beschluß vom 25. August 1999 - 5 AR (VS) 1/99 = NJW 1999, 3499, zum Abdruck in BGHSt bestimmt; vgl. OLG Hamburg StV 1999, 301, 302). Ebenso steht die Übereinstimmung mit einer Entscheidung des zur verbindlichen Auslegung des Rechts der Europäischen Gemeinschaft gemäß Art. 234 EG (= Art. 177 EG-Vertrag) berufenen Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes einer Vorlage entgegen (BGHSt 33, 76, 78 f.; 36, 92, 96; BSGE 34, 269; Hannich aaO § 121 GVG Rdn. 21). Dies kann ferner - über den Fall hinaus, daß der Bundesgerichtshof die Rechtsfrage bereits eindeutig (BGHSt 13, 129, 133; 34, 90, 92; 94, 97) entschieden hat (BGHSt 16, 7, 9; 27, 228, 230 f.; 34, 79, 80; 43, 241, 244 f.; 277, 282; BGH LM Nr. 11 zu § 121 GVG; NJW 1977, 964) - allein schon die Folge eines vollzogenen Wandels der höchstrichterlichen Rechtsprechung sein; so ist die "neuere Rechtsprechung zur Auslegung strafrechtlicher Normen" geeignet, ältere Entscheidungen zu den Subsidiaritätsklauseln in verschiedenen Strafvorschriften als überholt erscheinen zu lassen (BGHSt 43, 237, 239; vgl. bereits RGZ 102, 276, 278; Schäfer/Harms aaO § 121 GVG Rdn. 46, 47, 60).
bb) Aber auch Akte des Gesetzgebers können dazu führen, daß eine abweichende frühere Entscheidung zu einer in unveränderter Fassung anzuwendenden Vorschrift überholt ist. Stets bedarf es jedoch hinreichend sicherer und offenkundiger Anhaltspunkte, in welchem Sinn der Gesetzgeber die in Rede stehende Norm verstanden wissen will (vgl. BGHSt 43, 237, 239).
In der bisherigen Rechtsprechung war vor allem die Frage zu entscheiden, ob die Änderung anderer Vorschriften eine abweichende Auslegung der anzuwendenden - unverändert gebliebenen - Norm rechtfertigen kann, ohne die Sache zuvor gemäß § 121 Abs. 2 GVG vorzulegen. In solchen Fällen hat der Bundesgerichtshof wiederholt das Vorliegen einer entscheidungserheblichen Divergenz bejaht (vgl. BGHSt 15, 361; 23, 377, 378 ff.; 33, 394, 396; vgl. auch OLG Stuttgart Die Justiz 1977, 276), einen Wegfall der Vorlegungsvoraussetzungen jedoch für den Fall erwogen, daß die anderweitigen Rechtsänderungen es schlechterdings ausgeschlossen erscheinen lassen, die Rechtsfrage anders als nunmehr beabsichtigt zu entscheiden (BGHSt 33, 394, 396; vgl. auch Hannich aaO; Hanack aaO S. 168) bzw. die Änderung eine grundlegend neue Rechtslage geschaffen hat (BGHSt 23, 377, 378 f.; 39, 288, 289 = JR 1994, 121 m. abl. Anm. Helgerth, BayObLGSt 1986, 75, 80; 1992, 127, 130; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 121 GVG Rdn. 7). Hier ist die Frage einer Überholung der früheren Entscheidung von Fall zu Fall zu prüfen (Schäfer/Harms aaO § 132 GVG Rdn. 10; § 121 GVG Rdn. 60). So führte beispielsweise die Einfügung der §§ 222 a, 222 b StPO durch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1979 dazu, daß ohne Anrufung des Großen Senats für Strafsachen die vorherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den §§ 345 Abs. 1 Satz 2, 275 Abs. 3 StPO, wonach nur die Zustellung eines Urteils, in dem die mitwirkenden Richter vollständig bezeichnet wurden, die Revisionsbegründungsfrist in Lauf setzte, geändert werden konnte (BGH wistra 1989, 301).
Entgegenstehende Entscheidungen können ferner überholt sein, wenn die Rechtslage in der Begründung zu einem Gesetzentwurf endgültig klargestellt ist und der Entwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren keine Änderungsvorschläge mehr erfahren sowie zudem weitgehende Zustimmung in Fachkreisen gefunden hat (vgl. zu § 28 Abs. 2 FGG BayObLGZ 1989, 175, 183; OLG Frankfurt NJW 1958, 713; zust. Kahl aaO; Demharter aaO).
c) Erst recht ist eine frühere abweichende Entscheidung überholt, wenn der Gesetzgeber diese zum Anlaß nimmt, den Anwendungsbereich eines erst vor wenigen Jahren in Kraft getretenen Gesetzes klarzustellen, indem er ausdrücklich darauf hinweist, daß bereits die frühere Fassung dieser Klarstellung entsprochen hat. So liegt es hier:
Der Gesetzgeber hat in der Begründung des Entwurfs zum Korrekturgesetz eindeutig festgehalten, daß inländische - damit auch die im Tarifgebiet ansässigen - Arbeitgeber schon nach § 1 Abs. 1 Satz 4 AEntG a. F. zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet waren, wenn die weiteren Voraussetzungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vorlagen. Der Gesetzentwurf, der insoweit das weitere Gesetzgebungsverfahren ohne Änderungen durchlaufen hat (vgl. BTDrucks. 14/151 S. 21), stellt hierzu ausdrücklich fest:
"Schon nach der bisherigen Rechtslage, auf die der bisherige Satz 4 Bezug nahm, sind die Arbeitsbedingungen, die durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf ausländische Arbeitgeber und ihre in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer erstreckt werden, auch von inländischen Arbeitgebern einzuhalten" (BTDrucks. 14/45 S. 25).
Die gesetzestechnisch notwendige Anknüpfung an die Pflichten des Arbeitgebers aufgrund seiner Tarifbindung oder der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages (§§ 4, 5 TVG) erlaubt entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf keine andere Deutung des gesetzgeberischen Willens: Die vom Gesetzgeber des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes bereits in seiner ursprünglichen Fassung vom 26. Februar 1996 "ausdrücklich formulierten Rechtspflichten" in § 1 Abs. 1 Satz 4 AEntG a.F. - ebenso in § 1 Abs. 1 Satz 3 AEntG a.F. für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland - bildeten nämlich "als Gebotsnormen den rechtstechnisch erforderlichen Anknüpfungspunkt" für die im (heutigen) § 5 AEntG enthaltene Bußgeldbewehrung (BTDrucks. 13/2414 S. 9). Im Gesetzentwurf vom 17. November 1998 wird hierzu festgestellt, daß die Rechtsprechung das Arbeitnehmer-Entsendegesetz allerdings anders interpretiert und die Möglichkeit der Verhängung von Bußgeldern gegen einen Inländer wegen der Nichtgewährung des Mindestlohns verneint habe (BTDrucks. 14/45 S. 25). Konsequenterweise wird daher (aaO S. 26) auch die Neufassung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AEntG, wonach die Verpflichtung inländischer Arbeitgeber zur Zahlung der Mindestlöhne bußgeldbewehrt ist, als bloße "Klarstellung" und nicht als Neuregelung bezeichnet.
Die im Jahre 1998 erfolgte Neufassung der erst 1996 erlassenen Vorschriften hat daher keinen neuen Rechtszustand geschaffen, sondern lediglich das zutreffende Verständnis der alten Fassung verdeutlicht (vgl. BGHSt 15, 361, 367). Somit besteht kein Bedürfnis mehr für eine - die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung sichernde - Entscheidung des Bundesgerichtshofs nach § 121 Abs. 2 GVG. Hier kommt hinzu, daß die vom Oberlandesgericht Düsseldorf vertretene Auslegung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes eher fernlag (ablehnend auch AG Neubrandenburg wistra 1999, 355; offengelassen von BayObLG NStZ 2000, 148). Auch im Schrifttum wird ganz überwiegend eine andere Auffassung vertreten (vgl. Hanau NJW 1996, 1369 f., 1373; NZA 1998, 1249, ders. in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht § 1 AEntG Rdn. 11; Schmitt WiB 1996, 769, 771; Webers DB 1996, 574 f.; Hickl NZA 1997, 513, 517; Fischer BArbBl. 1999, 6, 9; Meyer NZA 1999, 121, 127, 128; Däubler NJW 1999, 601, 607; Sander/Siebert Betrieb und Wirtschaft 1999, 356, 358 f.; Schlewing/Schumann/Heinz, Ausländische Arbeitnehmer [1998] Rdn. 108; Ulber AÜG § 1 AEntG Rdn. 37, § 5 Rdn. 1, 5; Wichmann, Dienstleistungsfreiheit und grenzüberschreitende Entsendung von Arbeitnehmern Diss. [1998] S. 49; Plesterninks, Entsenderegelungen nach nationalem und europäischem Recht Diss. [1998] S. 21, vgl. neuerdings auch Lütke wistra 2000, 84).
3. Nach alledem ist das vorlegende Gericht durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf nicht gehindert, wie vorgesehen zu entscheiden.
Der Senat bemerkt vorsorglich, daß der mit Wirkung vom 1. September 1997 für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag Mindestlohn vom 17. Juli 1997 (BAnz. Nr. 157 vom 23. August 1997 S. 10909 f.) die Untergrenze des zu entrichtenden Arbeitsentgelts während des Tatzeitraums abgesenkt hat.
Externe Fundstellen: BGHSt 46, 17; NJW 2000, 1880
Bearbeiter: Karsten Gaede