Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 464/00, Beschluss v. 12.12.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Stendal vom 23. Mai 2000 und von Amts wegen nach Versäumung der Frist zur Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung hat der Angeklagte zu tragen.
Der Beschluß des Landgerichts Stendal vom 25. August 2000, durch den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen wurde, ist damit gegenstandslos.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II. 2. c) der Urteilsgründe,
b) im Strafausspruch im Fall II. 2. b) der Urteilsgründe,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
d) soweit davon abgesehen worden ist, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung in zwei Fällen und (wegen) gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt; ferner hat es eine Einziehungsanordnung getroffen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat - nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist und der Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO - mit der Sachrüge teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO),
2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, soweit das Landgericht ihn im Fall II. 2. a) der Urteilsgründe wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt hat. Auch der Schuldspruch wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung Fall II. 2. b) der Urteilsgründe) sowie die Einziehung der "Metallfigur Mutter Gottes" halten rechtlicher Nachprüfung stand. Dahinstehen kann, ob sich die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung (§ 230 StGB) in der Anklageschrift vom 24. März 2000 auch auf die im Fall II. 2. b) abgeurteilte (-einfache) Körperverletzung bezieht; dies ist hier zweifelhaft, weil die Anklage von gefährlicher Körperverletzung ausgegangen war (vgl. BGHSt 19, 377, 379; s. auch BGHSt 6, 282, 284). Dem Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 2 StPO ist aber jedenfalls eine solche - konkludente - Erklärung für den Fall zu entnehmen, daß die Verfahrensvoraussetzung zunächst gefehlt haben sollte (vgl. BGHSt 19, 377, 381; BGH bei Dallinger MDR 1974, 546). Im übrigen kann das Urteil jedoch nicht bestehen bleiben:
a) Im Fall II. 2. c) der Urteilsgründe hält der Schuldspruch wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
aa) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen würgte der Angeklagte am 10. November 1999 nach vorangegangenem Alkoholgenuß Frau B., mit der er seit ca. 10 Jahren zusammenlebte, bis zur Bewußtlosigkeit und führte sodann eine ca. 16 cm große "Metallfigur, die von vorne einer "Mutter-Gottes-Figur und von hinten einem männlichen Glied gleicht und außer einer Kante am Fußsockel eine glatte Oberfläche und runde Formen" (UA 6) hatte, den Kopf der Figur mit der rechten Hand haltend, "mit voller Wucht" in die Scheide des Opfers ein, so daß der Gegenstand fast vollständig verschwand. Die Kante am Sockel verursachte einen ca. 15 cm langen Scheidenschnitt bis zum Muttermund und eine klaffende Wunde in der Scheidenhaut hinter dem Muttermund. Wegen des hohen Blutverlustes, der auch zu einem kurzzeitigen Blutdruckabfall führte, bestand Lebensgefahr, die wegen der - vom Angeklagten veranlaßten - ärztlichen Versorgung der Geschädigten abgewendet werden konnte,
bb) Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit einer Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB schuldig gesprochen, weil der Angeklagte die Geschädigte fahrlässig in die Gefahr des Todes gebracht habe. Dies ist rechtsfehlerhaft:
Nach § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB wird der Täter einer sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung bestraft, wenn er das Opfer durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt. Zwar hat das Landgericht zu Recht eine Vergewaltigung bejaht, weil die Voraussetzungen des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB gegeben sind. Seine weitere Annahme, für die Erfüllung des qualifizierenden Merkmals in § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst, b StGB genüge in subjektiver Hinsicht Fahrlässigkeit des Täters, trifft aber nicht zu; die Vorschrift enthält nämlich kein erfolgsqualifiziertes Delikt, sondern setzt gemäß § 15 StGB auch hinsichtlich des Eintritts der konkreten Todesgefahr für das Opfer zumindest bedingten Vorsatz voraus (so auch Laubenthal Sexualstraftaten [2000] Rdn. 205; Fischer in Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 177 Rdn. 31; Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 177 Rdn. 12; Renzikowski NStZ 1999, 377, 384; Schroth Strafrecht BT 3. Aufl. S. 97; a.A. Horn in SK-StGB § 177 Rdn. 34 und allgemein für den Eintritt einer konkreten Gefahr: Gössel in Festschrift für Lange 1976 S. 219, 221; Tröndle in Tröndle/Fischer aaO § 18 Rdn. 2). Dies hat der Senat bereits zu der entsprechend formulierten, ebenfalls als Qualifikation durch das 6. StrRG eingefügten Vorschrift des § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB entschieden (BGH NJW 1999, 3131 mit zust. Anm. Radtke NStZ 2000, 89 und Stein JR 2000,. 115); ebenso wie in jenem Fall bedarf es auch hier keiner Entscheidung der Frage, ob die Herbeiführung einer konkreten Lebensgefahr überhaupt eine besondere Folge im Sinne des § 18 StGB sein kann, so BGHSt 26, 176, 180 ff.; a.A. Stein aaO B. 1 16 m.w.N.).
Vom Wortlaut der Vorschrift her mag zwar eine andere Sichtweise auch möglich erscheinen (vgl. Kühl in 50 Jahre Bundesgerichtshof - Festgabe aus der Wissenschaft 2000 S. 237, 243 f.). Allerdings unterscheidet sich der Wortlaut des § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB deutlich von demjenigen des sich unmittelbar anschließenden Tatbestands der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge gemäß § 178 StGB, welcher in einer an sich (vgl. aber etwa § 226 Abs. 2 StGB) für erfolgsqualifizierte Delikte typischen Weise (s. §§ 221 Abs. 3, 227 Abs. 1, 235 Abs. 5, 251, 306 b Abs. 1 StGB) das "Verursachen" der schweren Folge sprachlich hervorhebt. Auch ist zu berücksichtigen, daß die Formulierung des § 18 StGB ("besondere Folge") - wie auch der hieran anknüpfende Tatbestand des § 226 Abs. 1 StGB und die Intention des Gesetzgebers bei der Einfügung des § 56 StGB a.F. (Schroeder in LK 11. Aufl. § 18 Rdn. 8) zeigen - jedenfalls in erster Linie die Realisierung der dem Grunddelikt eigentümlichen Gefahr im Blick hat, während § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB allein auf eine Konkretisierung dieser Gefahr abhebt (vgl. Rudolphi in SK-StGB § 18 Rdn. 1 f.; Paeffgen in NK-StGB § 18 Rdn. 9; Renzikowski aaO S. 383). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, daß dessen Wortlaut demjenigen anderer Vorschriften - insbesondere des § 250 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. = § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB n.F. - entspricht, für welche die Rechtsprechung Vorsatz auch hinsichtlich des Gefahrerfolgs verlangt (BGHSt 25, 244, 245; BGH StV 1991, 262).
Mit der Formulierung in § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB wollte der Gesetzgeber sich gerade an die genannte Raubqualifikation anlehnen (BTDrucks. 13/9064 S. 12 f.), ohne deren Auslegung durch die Rechtsprechung infrage zu stellen (BTDrucks. 13/8587 S. 45, 13/9064 S. 17 f,). Auch hat er die Vorschrift aus dem § 177 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 StGB i.d.F. des 33. StrÄndG entwickelt: Für konkrete Gefahrerfolge als Regelbeispiele wird indes auch von der Gegenauffassung Vorsatz gefordert (Tröndle aaO; Gössel aaO S. 222; vgl. aber § 218 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB); daß aber die Anhebung der Strafuntergrenze von zwei Jahren auf fünf Jahre mit einer Absenkung der Anforderungen an die innere Tatseite einhergehen sollte, kann nicht angenommen werden. In Übereinstimmung mit der Auslegung des § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB durch den Senat hat der Gesetzgeber des 6. StrRG in § 330 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB das Bringen eines anderen Menschen in die konkrete Gefahr des Todes als eine Vorsatz voraussetzende Qualifikation und die Verursachung des Todes als eine Erfolgsqualifikation ausgestaltet (so ausdrücklich BTDrucks. 13/9064 S.23).
Darüber hinaus ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang, daß der Täter neben dem auf das Grunddelikt bezogenen Vorsatz auch Gefährdungsvorsatz hinsichtlich der konkreten Todesgefahr für das Opfer der sexuellen Nötigung (Vergewaltigung) haben muß: Auch die anderen - eine mit dem vollendeten Totschlag übereinstimmende Strafuntergrenze von fünf Jahren rechtfertigenden - Qualifikationstatbestände des § 177 Abs. 4 StGB setzen Vorsatz voraus; nur die Annahme eines Vorsatzdelikts ergibt ferner eine sinnvolle Abstufung des Unrechts- und Schuldgehalts der einzelnen Tatbestände und der Strafrahmen in den §§ 177 und 178 StGB.
cc) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zum Fall II. 2. c) kann der Schuldspruch gemäß § 177 Abs. 4 StGB auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden: Allerdings hat der Angeklagte bei der Tat objektiv ein gefährliches Werkzeug i. S. des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB verwendet; denn die Metallfigur war - infolge des Einführens in die Scheide mit dem Sockel nach vorne - geeignet, erhebliche Verletzungen zuzufügen (vgl. BGH NStZ 1999, 242 f.; 2000, 419). Der Erfüllung dieser Qualifikation steht nicht entgegen, daß der Angeklagte die Figur ausschließlich bei der sexuellen Handlung, nicht aber als Nötigungsmittel einsetzte (vgl. aber Horn aaO § 177 Rdn. 32; Tröndle/Fischer aaO § 177 Rdn. 29; s. auch Mitsch ZStW 111, 65, 103 f. [zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB]): Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, weil das Gesetz mit der Formulierung "bei der Tat" an beide Bestandteile des zweiaktigen Grunddelikts anknüpft; dies kann nur so verstanden werden, daß der Einsatz des gefährlichen Werkzeugs ausschließlich zur Vornahme der sexuellen Handlung genügt. Nicht anders ist dieselbe Formulierung bei der im gleichen Absatz geregelten weiteren Qualifikation der schweren körperlichen Mißhandlung aufzufassen (Laubenthal aaO Rdn. 202; Horn aaO § 177 Rdn. 33 i.V.m. 29; Tröndle/Fischer aaO § 177 Rdn. 30 i.V.m. § 176a Rdn. 11). Das gleiche ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB: Die Strafschärfung soll dem unrechts- und schulderhöhenden Umstand Rechnung tragen, daß der Täter die Gefahren für das Tatopfer durch den Einsatz eines gefährlichen Werkzeugs gesteigert hat (vgl. Laubenthal aaO Rdn. 196; BGH, Beschluß vom 17. Februar 1999 - 5 ARs 2/99 [zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB]); die Gefahrerhöhung hängt aber nicht davon ab, ob der Täter das Werkzeug bei der Nötigung oder bei dem sexuellen Geschehen einsetzt.
Zwar hat der Gesetzgeber bei der Regelung in § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB, die allerdings nur das Beisichführen betrifft, möglicherweise zunächst an "tatqualifizierende Nötigungsmittel" gedacht (s. aber Horn aaO § 177 Rdn. 29); zur Begründung der weiteren Qualifikationsstufe in § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB hat er aber auf diese Formulierung nicht zurückgegriffen (vgl. BTDrucks. 13/9064 S. 12 f.), sondern konsequenterweise mit der Wendung "bei der Tat", die in § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB fehlt, auf beide Teile des zweiaktigen Grunddelikts gleichermaßen Bezug genommen. In systematischer Übereinstimmung damit können die anderen Qualifikationen in § 177 Abs. 4 StGB nicht nur durch die Nötigung, sondern auch (allein) durch die sexuelle Handlung verwirklicht werden (vgl. Laubenthal aaO Rdn; 202, 205; Tröndle/Fischer aaO § 177 Rdn. 31 und 30 i.V.m. § 176a Rdn. 11; so auch Renzikowski aaO S. 383 zum Merkmal "durch die Tat" in § 177 Abs. 3 Nr. 3 StGB); eine Beschränkung auf die Nötigungsalternative wie in § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB ist dem Gesetz in § 177 Abs. 4 StGB fremd.
dd) Den Feststellungen ist jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen, daß der Angeklagte insoweit vorsätzlich gehandelt hat: Er war erheblich alkoholisiert, hatte die Figur, die er vor der Tat eingefettet hatte, "um sie geschmeidiger zu machen", am Vortag ohne Verletzungsfolgen in die Scheide des Opfers gesteckt und holte unverzüglich Hilfe, nachdem er den Gegenstand - allerdings mit voller Wucht - zuvor eingeführt hatte; welche Konsequenzen aus der - zum objektiven Tatablauf widerlegten - Einlassung des Angeklagten, er habe die Figur mit dem Kopf voran eingeführt, für die subjektive Tatseite zu ziehen sind, kann dem Urteil nicht entnommen werden. Die Schnittverletzungen hat das Landgericht ihm jedenfalls nicht zum Vorsatz zugerechnet.
Für die Annahme einer schweren körperlichen Mißhandlung gemäß § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a StGB genügen die bisher getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht (vgl. BGH NJW 2000, 3655).
ee) Da andererseits nicht fernliegt, daß ein neuer Tatrichter die Voraussetzungen einer der Qualifikationen in § 177 Abs. 4 StGB feststellt - ein Lebensgefährdungsvorsatz, (vgl. BGHSt 22, 67, 73 ff.; 26, 244, 246) wird auch im Blick auf das Würgen bis zur Bewußtlosigkeit zu prüfen sein -, führt der Rechtsfehler zur Aufhebung des Urteils im Fall II. 2. c) insgesamt, auch soweit der Angeklagte der tateinheitlich verwirklichten Körperverletzung für schuldig befunden worden ist (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Die Aufhebung hat den Wegfall der Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten zur Folge. Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Der Senat hebt ferner die Einzelstrafe im Fall II. 2. b) auf, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich der Fehler auch auf die Höhe dieser Einzelstrafe ausgewirkt hat.
b) Nicht bestehen bleiben kann das Urteil auch, soweit das Landgericht es abgelehnt hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen. Das Erfordernis einer solchen Maßregel ist vom Revisionsgericht auch dann zu überprüfen, wenn - wie hier - lediglich der Angeklagte das erstinstanzliche Urteil angefochten hat (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5), sofern er nur diesen Beschwerdepunkt von der Anfechtung des Urteils nicht ausdrücklich ausgenommen hat (BGHSt 38, 362); das ist nicht geschehen.
Das sachverständig beratene Landgericht hat mit allerdings knappen, allgemein gehaltenen Ausführungen einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang des Angeklagten zu übermäßigem Alkoholgenuß und der Tat sowie der künftigen Gefährlichkeit bejaht (vgl. zu Sexualdelikten als Anlaßtaten BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 3 m.w.N.); die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs (BVerfGE 91, 1) hat es indes verneint. Doch genügt entgegen der Auffassung der Strafkammer für die Annahme der Aussichtslosigkeit noch nicht, daß der Angeklagte "nicht therapiebereit" und "krankheitsuneinsichtig" ist. Fehlende Therapiebereitschaft und mangelnde Einsicht können zwar Indizien dafür sein, daß eine Entwöhnungsbehandlung keine Erfolgschancen hat (vgl. BGH NJW 2000, 3015, 3016). Andererseits bedarf es in solchen Fällen der Prüfung und Darlegung, daß auch mit therapeutischen Bemühungen eine positive Beeinflussung des Angeklagten nicht zu erreichen wäre (BGH NStZ-RR 2000, 299, 300; 1996, 355, 356; BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 7). Dies gilt hier um so mehr, als der Angeklagte sich "wegen seines Alkoholproblems" vorübergehend einer Selbsthilfegruppe angeschlossen und damit eine gewisse Einsicht in seine Suchterkrankung gezeigt hat; die Gründe für das Scheitern der "Therapie" teilt das Landgericht nicht mit.
3. Im übrigen weist der Senat für die neue Hauptverhandlung vorsorglich auf folgendes hin:
a) Im Fall II. 2. c) wird der neue Tatrichter auch § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, der anders als § 223 StGB und § 229 StGB (zur Möglichkeit von Tateinheit s. BGH NStZ 1997, 493) kein relatives Antragsdelikt ist (§ 230 StGB; s. o. Ziff. 2), zu prüfen haben (vgl. zum Würgen bis zur Bewußtlosigkeit BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz 1 [a.E.]; BGH, Urteil vom 10. März 1998 - 1 StR 731/97 und Beschluß vom 11. Juli 2000 - 4 StR 238/00); das Verschlechterungsverbot gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StGB stünde einem entsprechenden Schuldspruch nicht entgegen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 331 Rdn. 8).
Die nachteilige Berücksichtigung der "äußerst brutale(n) Vorgehensweise" und der "Intensität der Tatbegehung" bei der Strafrahmenwahl sowie der konkreten Strafzumessung zu diesem Fall begegnet - nicht anders als die strafschärfend gewertete "Handlungsintensität" im Rahmen der Gesamtstrafenbildung - durchgreifenden Bedenken im Blick auf das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB. Diese Umstände gehören zum Regelbild des verwirklichten Straftatbestands das § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB und sind daher kein zulässiger Strafschärfungsgrund. Da zudem die Art der Tatausführung, soweit sie auf der schuldmindernden geistig-seelischen Verfassung des Täters beruht, diesem nicht uneingeschränkt angelastet werden darf (BGH NStZ 1997, 592, 593; 1998, 84, 85; Tröndle/Fischer aaO § 21 Rdn. 6; § 46 Rdn. 19 und 22), bestehen auch gegen die strafschärfende Berücksichtigung der "brutale(n) Vorgehensweise" im Fall II. 2. b) rechtliche Bedenken (vgl. hierzu auch BGH StV 1998, 76; BGHR StGB § 177 Abs. 1 Strafzumessung 13; Tröndle/Fischer aaO § 177 Rdn. 36). Im Blick auf die ausdrückliche Herausnahme der alkoholbedingten verminderten Schuldfähigkeit aus der konkreten Strafzumessung weist der Senat ferner darauf hin, daß die eine Strafrahmenmilderung bewirkenden Umstände mit ihrem verbleibenden Gewicht in die Gesamtwürdigung einzustellen sind (vgl. BGHR StGB § 50 Strafhöhenbemessung 1 bis 5).
b) Der neue Tatrichter wird auch Gelegenheit haben zu prüfen, ob wegen der rechtskräftigen Vorverurteilung des Angeklagten vom 28, August 1997 eine nachträgliche Gesamtstrafe mit der Einzelstrafe für die zuvor begangene gefährliche Körperverletzung (Fall II. 2. a) gebildet werden muß; sofern zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB vorgelegen haben, ist diese auch dann nachzuholen, wenn die früher verhängte Strafe inzwischen erledigt ist (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. I Satz 1 Erledigung 1 und Fehler 2).
Externe Fundstellen: BGHSt 46, 225; NJW 2001, 836; NStZ 2001, 313; NStZ 2001, 367; StV 2001, 160
Bearbeiter: Karsten Gaede