HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 524
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 609/10, Urteil v. 09.03.2011, HRRS 2011 Nr. 524
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 7. Mai 2010, soweit es den Angeklagten K. betrifft, im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Betruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Von der Verhängung eines Berufsverbots hat es abgesehen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zuungunsten des Angeklagten K. eingelegten Revision gegen den Strafausspruch und Nichtanordnung der Maßregel. Das auf die Sachbeschwerde gestützte Rechtsmittel hat Erfolg.
Nach den Feststellungen der Strafkammer war der Angeklagte K. ab dem 4. Quartal des Jahres 2003 als Rechtsanwalt für die Firma D. GmbH sowie für die einzelnen Mitglieder der für das Unternehmen handelnden Familie tätig. Gesellschafter und Geschäftsführer dieses Unternehmens, das Luxusfahrzeuge zum Verkauf anbot, waren die anderweitig rechtskräftig verurteilte A. D. und deren Sohn M. M. An den Tätigkeiten im Unternehmen beteiligte sich auch ihr Sohn A. M. Daneben trat namentlich bei Kaufvertragsverhandlungen der Mitangeklagte R. M. für das Unternehmen auf, der sich gegenüber Kunden als Herr D., P. oder R. vorzustellen pflegte. Dieser bahnte meist die Kaufverträge an, forderte die Kunden zur Leistung einer Anzahlung auf, die von der Familie zur Finanzierung eines aufwändigen Lebensstils verbraucht wurde. Das Unternehmen war weder zur Lieferung der bestellten Luxusfahrzeuge noch zur Rückzahlung der Vorschussleistungen im Fall der Rückabwicklung des jeweiligen Vertrages in der Lage. Alle Familienmitglieder waren aber damit einverstanden und nahmen die Nichterfüllung der Verträge sowie die Nichterstattung der Anzahlungen im Fall des Rücktritts der Kunden zumindest billigend in Kauf. Nach einer Strafanzeige gegen M. M. wurde dieser am 27. Mai 2004 in der Schweiz verhaftet. Der Angeklagte K. bewirkte durch Zahlung einer Kaution seine Verschonung vom Vollzug der Untersuchungshaft.
Spätestens hiernach war auch dem Angeklagten K. bekannt, dass es bei weiteren Vertragsabschlüssen und Vorschusszahlungen zu einer Schädigung von Fahrzeugkäufern kommen würde. Er war aber unter Billigung und Inkaufnahme dieser Folgen bereit, an der Anbahnung oder Durchführung solcher Verträge mitzuwirken, um die Firma D. GmbH "als lukrative Mandantin nicht zu verlieren".
Im Juni 2004 kaufte die Firma E. GmbH durch den Geschäftsführer C. bei der D. GmbH einen Pkw Porsche Carrera und zehn Pkws Porsche Cayenne. C. kannte den Angeklagten K., der ihn früher anwaltlich beraten hatte, und fragte diesen, was er von der D. GmbH halte. Der Angeklagte K. teilte ihm mit, dass er mit diesem Unternehmen noch keine schlechten Erfahrungen gemacht habe. Danach zahlte C. einen Vorschuss auf den Gesamtkaufpreis von insgesamt 40.000 Euro in bar zu Händen des Angeklagten K. an die Firma D. GmbH. Der Angeklagte K. leitete davon mindestens 20.000 Euro an das Unternehmen weiter. Nachdem die Lieferung der Fahrzeuge ausblieb, trat die E. GmbH von den Kaufverträgen zurück und verlangte die Erstattung des geleisteten Geldbetrages, die ebenfalls nicht erfolgte (Fall 1). Ferner wurden acht Fahrzeuge des Typs Mercedes SLK 200 RHD, die C. im Juli 2004 bei der D. GmbH bestellt hatte, nicht geliefert. Der hierfür an den Angeklagten K. übergebene und von diesem an die D. GmbH weitergeleitete Vorschuss von 20.000 Euro wurde wiederum nicht erstattet (Fall 2).
Im September 2004 schloss der Angeklagte K. mit dem Kraftfahrzeughändler N. einen Kaufvertrag für die D. GmbH über die Lieferung eines Pkws Ferrari F430, wofür er von N. "im Vertrauen auf die Seriosität eines Rechtsanwaltes" Vorschusszahlungen in Höhe von 20.000 Euro erhielt, die er zur Hälfte an die D. GmbH weitergab und im Übrigen mit Honoraransprüchen verrechnete. Auch in diesem Fall wurden weder der Kaufvertrag erfüllt noch nach dem Rücktritt des Käufers vom Vertrag die Vorschusszahlung erstattet (Fall 3).
Das Landgericht hat den Angeklagten K. als Mittäter wegen Betruges in drei Fällen verurteilt und den Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB angewendet. Von der Heranziehung des Sonderstrafrahmens für besonders schwere Fälle des Betruges hat es abgesehen und ausgeführt, aufgrund "der geringen Zahl der Fälle" habe es die Gewerbsmäßigkeit des Handelns (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 - 1. Alt. - StGB) verneint. Ein Berufsverbot gegen den Angeklagten K. hat es nicht verhängt, weil dieser nicht spezielle "durch seinen Beruf eröffnete Befugnisse zur Tatbegehung ausgenutzt" habe. Dieselben Tatbeiträge hätten auch durch einen Mittäter, der nicht Rechtsanwalt sei, geleistet werden können.
Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zuungunsten des Angeklagten K. eingelegten und auf den Strafausspruch sowie die Nichtanordnung der Maßregel beschränkten Revision.
Die auf die Sachbeschwerde gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
1. Die Begründung, mit der das Landgericht die Anwendung des Sonderstrafrahmens gemäß § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB abgelehnt hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Ein besonders schwerer Fall des Betruges liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 - 1. Alt. - StGB). Von Gewerbsmäßigkeit ist auszugehen, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter seinen Lebensunterhalt allein oder auch nur überwiegend durch die Begehung von Straftaten bestreiten will. Liegt ein Gewinnstreben in diesem Sinne vor, dann ist schon die Erste der ins Auge gefassten Tathandlungen als gewerbsmäßig anzusehen (vgl. BGH, NStZ 2004, 265). Der Hinweis des Landgerichts auf die geringe Zahl der abgeurteilten Betrugstaten lässt besorgen, dass es diesen Maßstab verkannt hat.
2. Auch die Nichtanordnung eines Berufsverbots gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB ist rechtlich zu beanstanden. Das Landgericht ist insoweit von einem unzutreffenden Maßstab ausgegangen.
Ein Missbrauch des Berufs liegt vor, wenn der Täter die ihm dadurch gegebenen Möglichkeiten bewusst zur Begehung von Straftaten ausnutzt. Es ist allerdings nicht ausreichend, dass er nur allgemein für den Beruf erworbene Kenntnisse oder Fähigkeiten verwertet oder nur anlässlich der Berufsausübung sich ergebende äußere Gelegenheiten ausnutzt (vgl. Senat, NJW 1983, 2099). Die strafbare Handlung muss vielmehr einen inneren Zusammenhang mit dem Beruf erkennen lassen (vgl. BGHSt 22, 144, 146; Senat, StV 2008, 80, 81); sie muss symptomatisch für die Unzuverlässigkeit des Täters im Beruf erscheinen (vgl. Senat, NJW 1983, 2099). Das liegt hier jedoch nahe. Der Angeklagte K. ist in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt aufgetreten und hat berufsspezifisches Vertrauen in Anspruch genommen.
3. Die Feststellungen des Landgerichts bleiben von den genannten Rechtsfehlern unberührt und können aufrecht erhalten bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich.
HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 524
Bearbeiter: Karsten Gaede