Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 99/01, Beschluss v. 30.05.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X
Auf die Revision des Angeklagten O. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19. September 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es ihn betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die Revision des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung des § 258 Abs. 2, 3 StPO Erfolg.
Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat das Landgericht nach den Schlußvorträgen der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger dem Angeklagten nicht das letzte Wort erteilt. Auf die dienstlichen Äußerungen des Vorsitzenden, der Protokollführerin, der Beisitzerin und die Erklärung des Verteidigers des Mitangeklagten, wonach dem Angeklagten das letzte Wort erteilt worden ist, kommt es nicht an. Die Erteilung des letzten Wortes ist ein Verfahrensvorgang, der als wesentliche Förmlichkeit nach § 274 Abs. 1 StPO nur durch das Protokoll bewiesen werden kann (vgl. BGHSt 22, 278, 280). Daß damit dem Revisionsgericht zugemutet wird, ersichtlich unzutreffende Tatsachen rechtlich zu bewerten und ein sonst nicht zu beanstandendes Urteil aufheben zu müssen, vermag nicht zu befriedigen; der in § 274 StPO festgeschriebene Grundsatz der absoluten Beweiskraft des Protokolls könnte aber nur durch eine Gesetzesänderung aufgegeben werden (G. Schäfer in FS 50 Jahre BGH S. 707, 727 f.).
Auf diesem damit erwiesenen Verfahrensfehler kann das Urteil beruhen. Der Angeklagte hat sich zwar in der Hauptverhandlung nicht eingelassen, es ist aber nicht auszuschließen, daß er sich nach Erteilung des letzten Wortes noch geäußert hätte (vgl. BGHR StPO § 258 Abs. 3 Letztes Wort 1 und Wiedereintritt 1, 6).
Bearbeiter: Karsten Gaede