Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 470/01, Beschluss v. 20.11.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 2. August 2001 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
1. Der Angeklagte hatte vor der Hauptverhandlung im Hinblick auf den Inhalt des (vorbereitenden schriftlichen) Gutachtens zur Schuldfähigkeit des Angeklagten einen Befangenheitsantrag (§ 74 StPO) gegen den Sachverständigen gestellt, der einen bestimmten Test nicht verwendet und sich zu wesentlichen Fragen nicht (klar) geäußert habe. Dieser Antrag wurde ebenfalls noch vor der Hauptverhandlung zurückgewiesen. In der Hauptverhandlung, in der der Sachverständige gehört wurde, wurde der Ablehnungsantrag nicht wiederholt.
Die Revision macht geltend, der Befangenheitsantrag sei zu Unrecht zurückgewiesen worden. Wäre ein anderer Sachverständiger gehört worden, wäre die Schuldfähigkeit des Angeklagten möglicherweise anders zu beurteilen gewesen.
a) Mit der gegen die Ablehnung des Befangenheitsantrags gerichteten Verfahrensrüge kann die Revision schon im Ansatz keinen Erfolg haben. Die Anhörung eines Sachverständigen ist ein Beweismittel. Mit einem Befangenheitsantrag wird geltend gemacht, der in Rede stehende Sachverständige dürfe nicht als Beweismittel verwendet werden. Dies ist zwar kein Beweisantrag, wohl aber ein Antrag zur Beweisaufnahme, bei dessen Behandlung Grundsätze des Beweisrechts zur Anwendung kommen (Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 3. Aufl. Rdn. 1557; Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 5. Aufl. S, 105 m.w.N.). Daraus folgt, daß eine Verfahrensrüge nicht darauf gestützt werden kann, daß der in der Hauptverhandlung nicht wiederholte Antrag vor der Hauptverhandlung (nicht beschieden oder) zurückgewiesen wurde (OLG Hamm, VRS 39, 217; Eisenberg aaO Rdn. 1564; Kleinknecht/MeyerGoßner, StPO 45. Aufl. § 74 Rdn. 21; Lemke in HK 3. Aufl. § 74 Rdn. 18).
b) Im übrigen ist mit dem Antrag inhaltlich mangelnde Sachkunde des Sachverständigen geltend gemacht. Hierauf kann sich ein gegen einen Sachverständigen gerichteter Befangenheitsantrag ohnehin nicht stützen (Senge in KK 4. Aufl. § 74 Rdn. 5 m. w. N.).
c) Die Ablehnung des Antrags könnte allenfalls eine Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) darstellen (vgl. zu einem vor der Hauptverhandlung gestellten und dort nicht wiederholten Beweisantrag BGH, Beschluß vom 17. Januar 2001 - 1 StR 557/00; BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufdrängen 1; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 219 Rdn. 39 m.w.N.). Das genannte Vorbringen zur Möglichkeit einer anderen Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Anhörung eines anderen Sachverständigen entspricht jedoch nicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an eine ordnungsgemäß erhobene Aufklärungsrüge.
2. Die Strafkammer hat in der Hauptverhandlung die Niederschrift der kommissarischen Vernehmung des Zeugen B. in D. verlesen und ihre Ergebnisse im Urteil verwertet. Hiergegen wendet sich die Revision mit dem Vorbringen, im Zusammenhang mit der Vernehmung in D. seien die Anwesenheitsrechte der Verteidigung (§ 168c Abs. 2 und 5 StPO) verletzt worden. Ohne daß der Senat diesem Vorbringen im übrigen näher nachzugehen brauchte, kann die Revision schon deshalb damit nicht gehört werden, weil für ein etwaiges Verwertungsverbot jedenfalls ein sofortiger Widerspruch in der Hauptverhandlung erforderlich gewesen wäre (BGH NJW 1996, 2239, 2241; Wache in KK 4. Auf). § 168c Rdn. 22 m.w.N.). Hierzu teilt die Revision jedoch entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nichts mit.
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2002, 110; StV 2002, 350
Bearbeiter: Karsten Gaede